Vor der Premiere: Dariusch Yazdkhasti bringt Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ ins Kieler Schauspielhaus
Von Christoph Munk
Kiel. Theseus bleibt weit zurück in der griechischen Mythologie. Und auch der Wald von Athen wird nicht auf die Bühne geholt. Wenn Dariusch Yazdkhasti William Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ im Kieler Schauspielhaus inszeniert – Premiere morgen und am Sonnabend – ereignet sich das Geschehen eindeutig im Hier und Heute.
„Die Villa eines Mafia-Bosses – griechischstämmig, falls es sowas gibt“, so definiert Yazdkhasti seinen „Sommernacht“-Schauplatz. Was dort geschieht, beschreibt der Regisseur in etwa so: Die Nummer 1 der Clans will Hochzeit feiern und erwartet von seinen Gästen, Mitspieler eines Maskenballs zu sein. Also tauchen sie – wie in Shakespeares Text – als Feen und Kobolde auf. Und die Subalternen in dieser strikten Mafia-Hierarchie sind verpflichtet eine schaurige Tragikomödie aufzuführen. „Sie spielen um ihr Leben“ – das verstehe sich von selbst, meint Yazdkhasti.
Die drei Sphären der Shakespeare Komödie – die höfische Welt des Adels, das Reich der Naturgeister und die Truppe der Handwerker – sind an einen Ort versetzt, also schön ineinander verschoben. „Das macht die Konflikte deutlicher greifbar“, findet der Regisseur und kündigt an, dem Boss „gleitet seine Hochzeitsfeier allmählich aus den Händen und alles aus den Fugen gerät“. Wodurch? Alkohol und andere Drogen? „Ja auch“, räumt Yazdkhasti ein, „aber man kann sich vorstellen, dass es passiert wie in manchen Filmen von Woody Allen“.
Platz ist genug da in dieser Bungalow-Architektur aus den 1980-er-Jahren. „Wenn man nach Vorbildern für die Räume sucht“, sagt Bühnenbildner Paul Lerchbaumer, „landet man schnell bei den Swimmingpool-Bildern von David Hockney“. Orientiert am reduzierten Realismus des englischen Malers, schachtelt er auf der Bühne des Schauspielhauses die Räume ineinander. Alles da: Sitzgruppe, Grillecke, Wintergarten und im Hintergrund sogar ein kleiner Pool. Dass das Ganze etwas überladen wirkt, gehört zum Regiekonzept. Der Hausherr sei zwar unendlich reich, doch fehle es ihm am guten Geschmack, diagnostiziert Yazdkhasti. „Das hilft uns, alles etwas exaltiert erscheinen zu lassen, die Sehnsüchte ein wenig auf die Spitze zu treiben“.
Überlagerungen auch im Zusammenspiel der Personen: Die Rolle des Verwirrung stiftenden Puck teilen sich gleich zwei Schauspielerinnen. Herzog Theseus und Elfenherrscher Oberon, Amazonenbraut Hippolyta und Feenkönigin Titania – jeweils ein Darsteller übernimmt die Figurenpaare. Das bedeute mehr als ein vordergründiger Rollenwechsel: „Da schieben sich die Gestalten und ihre Gefühle ineinander“, sagt Yazdkhasti, „so wie sich eben bei Shakespeare mehrere Ebenen durchdringen.“ Viel mehr jedoch möchte er über sein Spiel mit Täuschungen, Verwechslungen und Irritationen vor der Premiere nicht verraten wissen.
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