Bodo Wartke und das Capital Dance Orchestra auf der Freilichtbühne Krusenkoppel

Von Jörg Meyer

Kiel. Dass er nicht nur auf den Klaviertasten, sondern auch zwischen den zwingend und swingend reimenden Silben ein Virtuose ist, beweist Bodo Wartke seit bald 20 Jahren – zusammen mit dem stilistisch flexiblen Capital Dance Orchestra am Sonnabend und Sonntag auch auf der Freilichtbühne Krusenkoppel.

Lässt seine Silben swingen – Bodo Wartke mit dem Capital Dance Orchestra auf der Krusenkoppel (Foto: ögyr)

Lässt seine Silben swingen – Bodo Wartke mit dem Capital Dance Orchestra auf der Krusenkoppel (Foto: ögyr)

Gewöhnlich solo am Klavier und mit Stimme zu hören wie ab September wieder in seinem neuen Programm „Was, wenn doch?“, hat sich Wartke mit der „Swingenden Notwendigkeit“ „einen Traum erfüllt“: Einmal ganz großes Kino statt „klavier-kavalier“-kabarettistisches Kammerspiel, einmal Revue statt Räsonnieren, was er aber auch hier gut kann. Anders als all die Swing-Singers, die vom Revival profitieren, swingen Wartke und das CDO nur am Rande. Die Aufgaben, die Bodo der im Ballhaus-Stil der Berliner roaring Twenties spielenden Big Band und ihrem Leiter, Stehgeiger und Sidekick David Canisius stellt, sind keine einfachen. Für seine hip-hop-like kaskadierende Reimkunst braucht es mal den „statischen, nicht testosteronisierten Tango“, mal dessen erotischere Variante oder auch den klassischen Walzer, wenn Wartke aus seinen inzwischen auf rund 800 Frauennamen elaborierten Variationen seines Evergreens „Andrea“ zitiert. Dass dabei seine ehemalige Lateinlehrerin aus dem Bad Schwartauer Gymnasium im Publikum sitzt und er die „Claudiae“ korrekt dekliniert, ist dabei eine feine selbstironische Sottise auf seine manische Sprachkunst.

Die muss nicht nur swingen, sie fühlt sich in Salsa, Chacha, Chanson, Ballade, Blues, Boogie, Funk und Rock’n’Roll gleichsam zuhause. Entsprechend oft wechselt das CDO chamäleonhaft die Klang- und Rhythmusfarben. Auch mal zum Reggae, zu dem Wartkes weißer Smoking so passt wie das „Smoking“, also jene „Lashness“, mit der – so die Aufforderung an das Publikum – „bitte nicht auf der Eins“ mitgeklatscht wird. Im Kieler Chill-Sommer klappt das ganz gut. Doch „Schritt für Schritt“ erhöht Wartke „den Schwierigkeitsgrad“ für sich, die Bigband und das Publikum. Kaum zu glauben, was er da zwischen die Fugen des Swing an Silben streut.

Dass das so gut funktioniert, liegt an dem Einverständnis zwischen allen dreien. Gerade in der zweiten Hälfte, wenn es nach all den – manchmal akademischen – Durchdeklinierungen der Genres notwendig swingt. Kollegen wie Roger Cicero, für den er auch schon mal textete, läuft Wartke dabei locker den Rang ab. Gerade deswegen, weil er die Swing-Chose zwar liebt, aber bewusst unernst nimmt, mit passgenau choreografiertem Charleston und Step-Dance durchbricht. Im Stehen mittanzend daher am noch nicht Ende die Ovationen. Nicht zuletzt für die zugegebene Hommage an den langjährigen Regisseur Sven Schütze, der heuer seinen 40. Geburtstag feiert. Mit ihm, Wartke und dem CDO sind wir als notwendig swingende und in den Reim verliebte Familie längst vereint.