Von Hannes Hansen
Die Verfasser – Verzeihung, „VerfasserInnen“ – des Beitrags „Gender Mainstreaming“ auf der Website der schleswig-holsteinischen Landesregierung sind mann-, respektive frauen- oder wenigstens personenhaft bemüht, der Geschlechtergerechtigkeit zum Siege zu verhelfen. Zweifellos ein edles Unterfangen, des Beifalls aller Wohlmeinenden – und wer wäre das in Zeiten politischer Korrektheit nicht – würdig. Nun kann ja in Zeiten, in denen eine Frau als Bundeskanzlerin ihren (o je!) Mann steht, Geschlechtsgenossinnen (?) Unternehmen leiten, Busse fahren oder auf dem Bau schuften, kein vernünftiger Mensch etwas dagegen haben, dass die zweifelhaft vorhandenen Vorurteile und beruflichen Hemmnisse, gegen die Frauen zu kämpfen haben, als eben das bekämpft werden, als Vorurteile und ungerechtfertigte Benachteiligungen.
Das vorausgeschickt. Dass aber besagte Verfasser/Verfasserinnen/VerfasserInnen sich für ihren edlen Kampf ausgerechnet das Feld der deutschen Sprache gewählt haben, lässt jedoch an der Gesundheit ihrer geistigen Verfassung zweifeln. Mehr als misslich, ja geradezu dummerhaft mutet jedenfalls der Absatz an, in dem von „Beamten und Beamtinnen“ die Rede ist. Das ist sprachlicher Kokolores. Das Wort „Beamter“ ist schließlich nichts anderes als das – zugegeben altertümliche – substantivierte Adjektiv „beamt“ (vulgo ein zum Hauptwort gewordenes Wiewort). Dass man heute die Adjektivform „beamtet“, abgeleitet vom Verb (Tuwort) „beamten“ bevorzugt, ändert daran nichts: Ein „Beamter – der Beamte – die Beamten“, also korrekter Weise auch „eine Beamte – die Beamte – die Beamten“.
Wer sich ins Kampfesgetümmel begibt, sollte darauf achten, sich nicht mit dem Schwert im Wehrgehänge zu verheddern, in unserem Falle sich nicht mit Wortungetümen in den Fallstricken der deutschen Grammatik verfangen. Da solche Einrede aber voraussichtlich nichts nützt, hier ein Vorschlag zu konsequentem grammatikalischen Gender Mainstreaming: Lasst und in Zukunft von „Kranken und Krankinnen“, „Armen und Arminnen“ bzw. „Reichen und Reichinnen“ sprechen. Damit unsere Kinder und Kinderinnen richtiges sprich gendergerechtes Deutsch lernen.
Nachschlag:
Die Bezeichnungen „Bäckerin“ oder „Schriftstellerin“ und andere scheinbar gendergerechte Endungen auf „-in“ sind ebenfalls sprachlicher Quatsch und zudem eine Beleidigung der mit den besagten Tätigkeiten befassten Frauen, ist doch die Endung „-er“ nichts anderes als die verdeutschte Form des lateinischen „-arius“ (männliche Form) oder eben auch „-aria“ (weibliche Form) mit der Bedeutung „jemand, der/die etwas tut“. Eine „Bäckerin“ war vor gar nicht so langer Zeit die Frau des Bäckers. Wer so von selbstständigen Frauen spricht, der schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht. Und im Falle jener Professorin aus Kiel, von der der Spiegel berichte, sie lasse in den Arbeiten ihrer „Studentinnen“ beiden Geschlechts (ähnlicher Fall, lateinisch „studens“ = „studierend)“ nur die weibliche Form als „der Schriftstellerin“, „der Verbrecherin“, „der Juristin“ zu, fragt man sich, ob die gute Frau noch alle Tassen im Schrank hat. Man wüsste gerne, was ein Gericht zu solchem Humbug sagen würde, sollte mal ein Studentin dagegen klagen.
Zweiter Nachschlag:
Wer eine englische Schriftstellerin als „authoress“ statt als „author“ bezeichnet, bekommt Ärger. Und dass grammatisches Geschlecht nicht gleich natürliches Geschlecht ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Ist eine „Meise“ immer weiblichen Geschlechts, ein „Igel“ „männlich“ und ein Pferd gar geschlechtslos („das“ Pferd)? In anderen Sprachen jedenfalls ist man da nicht so bierernst pingelig. Jedenfalls ist noch kein Fall bekannt geworden, dass in Spanien ein männlicher „turista“ oder „poeta“ gegen die vermeintliche linguistische Benachteiligung geklagt habe.
Fazit:
Herr, wirf Hirn vom Himmel!
18. August 2015 um 19:48
Da der „Herr“ nicht existiert, kann er auch kein Hirn vom Himmel schicken.
19. August 2015 um 11:41
Abgesehen von den etwas lahmen Verballhornungen, dem Leugnen von Vorurteilen („die zweifelhaft vorhandenen Vorurteile und beruflichen Hemmnisse, gegen die Frauen zu kämpfen haben“, oder was soll die markierte Verwendung von „zweifelhaft“ sonst bedeuten?) und dem Wunsch nach politischer Unkorrektheit, leidet der Text vor allem an der Unkenntnis des Sachverhalts. Sprache lässt sich nicht völlig auf ein logisches System reduzieren, sondern ist immer schon Veränderungen unterworfen, die nicht selten dem Bedürfnis von Sprechergruppen geschuldet sind. Wäre zudem die Sprache so regelmäßig, wie hier suggeriert, gäbe es das Adjektiv *beamt gar nicht (gibt es ja auch nicht mehr), sondern es hieße beamtet. Dann wäre „der Beamte“ „der Beamtete“ und dann käme auch die regelmäßige Form „die Beamtete“ zum Tragen. Ist aber nicht so. *beamt ist selber so unregelmäßig, dass es fast der beste Anwalt für „die Beamtin“ ist, die es im übrigen nicht nur in den kastrierenden Fantasien des Genderwahns gibt, sondern – anders als „die Beamte“ – im Duden und bei den zeitgeistigen Gendersklaven Karl Kraus und Franz Kafka: „Und trotzdem ist sie, die in ihrem schwachen Körper so tüchtig, klug, fleißig, bescheiden, vertrauenswürdig, uneigennützig, treu war, die Dich als Onkel liebte und als Chef bewunderte, die in anderen Posten vorher und nachher sich bewährte, Dir keine sehr gute Beamtin gewesen.“ (http://gutenberg.spiegel.de/buch/brief-an-den-vater-169/4)
Da bitte ich doch den Herrn sein Hirn zu behalten.
20. August 2015 um 18:39
Hannes Hansen antwortet Sven Sonne:
Zweifellos ist „zweifelhaft“ in meinem Text das falsche Wort. Da hat wohl der Teufel in der Form des Freudschen Versprechers zugeschlagen, meinen tat ich zweifellos „zweifellos“. Dem durch diese Wortwahl vermutbaren Gendermachismus zum Trotz bleibe ich dabei, dass Wörtern wie „ein Beamter“ und „der „Beamte“ ein heute nicht mehr verwendetes Adjektiv *beamt zugrunde liegt. Die für Adjektive regelhafte starke („ein Beamter“) bzw. „schwache Deklination („der Beamte“) zeigt das ja deutlich.
21. August 2015 um 12:36
Danke für die Antwort! Der erste Teil ist natürlich vollkommen akzeptiert. Der zweite Teil nicht ganz. Wie die Deklination des Beamten funktioniert und dass er seine Herkunft *beamt verdankt: kein Widerspruch. Was die daraus vermeintlich notwendige Ableitung „die Beamte“ betrifft, bleibt mein Einspruch bestehen. Dieses Wort gibt es so quasi nicht. Es gibt kaum Belege dafür (wohl aber für die „Beamtin“), was wohl vor allem daran liegt, dass es das bezeichnete Objekt (beam(te)te Person, weiblich) nicht gab. In der Zwischenzeit ist *beamt verschwunden und sogar schon um die vorvergangene Jahrhundertwende ist offenbar diese Herkunft so unbekannt (vermutlich weil es sich ja um ein so unregelmäßig gebildetes Partizip gehandelt hat), dass die weibliche Form dann mit dem Suffix -in gebildet wird. Dabei handelt es sich weder um einen gewaltsamen Eingriff noch um eine grammatikvergessene Dummheit. Es ist eine völlig normale Sprachentwicklung. Es kommt eben nicht auf irgendeinen mythischen Sprachursprung an, sondern darauf, an welchem historischen Zeitpunkt Bezeichnungsanlässe oder -bedürfnisse anfallen. Dass ich darüber hinaus die Auffassung des Textes zu Sprachrepräsentation und Gendergerechtigkeit nicht teile, steht nochmal auf einem anderen Blatt.
21. August 2015 um 12:56
Schon recht, natürlich kommt es nicht auf mythische Ursprünge irgendwelcher Wörter an. Ich gebe nur zu bedenken, dass
1. halt „der Beamte“ der Adjektivdeklination folgt, also auch als substantiviertes Adjektiv behandelt werden solle
und
2. die Begründerin der feministischen Linguistik Luise Pusch Doppelformen wie „die Beamten und Beamtinnen“ nicht schätzt und am liebsten – wie auch von mir angeregt – „die“ Professor oder „eine“ Schriftsteller sähe. Nur weil sich das nicht durchsetzen lasse, plädiert sie für die Form ProfessorIn, was nun wieder ich für unsinnig halte. Im Plural mag das ja angehen, aber „ein“ ProfessorIn?
Im Übrigen: „Sprache“ kommt von „Sprechen“, nicht von „Schreiben“. Die schriftliche Repräsentation der Sprache ist sekundär. Daher kann sie auch nicht durch eine veränderte Rechtschreibung „verhunzt“ werden. Und noch etwas in diesem Zusammenhang: Wie, bitte sehr, soll ich beim Sprechen die Wörter „Professorin“ und „ProfessorIn“ unterscheiden. Soll ich mit dem Finger herumfuchteln und das große bzw. kleine I/i in die Luft malen, wie es angeblich Chinesen mit ihren Zeichen tun?
30. August 2015 um 18:20
Am dollsten treiben es seit ein paar Jahren mal wieder die Bremer/innen. Die Ministerien hießen da früher immer „Senator für“ und dann kam eben die Ressortbezeichnung (Inneres, Sport, Kultur…). Dabei war jedem klar und auch im Gebrauch der Bezeichnung deutlich, dass es sich bei dem Amt um ein Amt und nicht um eine Person handelte. Dann hatte RotGrün die Idee, dass die Bezeichnung der Behörde mit dem (natürlichen) Geschlecht des/der verantwortlichen Politikers/Politikerin geht. Die Behörde für Bildung heißt also jetzt „Senatorin für Bildung“, und wenn wieder ein Mann drankommt, wieder „Senator für Bildung“. Dann werden alle Briefbögen neu gemacht und die Gesetzestexte geändert. Wenn man nichts wiichtigeres zu tun hat…
3. September 2015 um 14:27
Bei all der hier zu Tage tretenden grammatikalischen Kompetenz scheint mir das Problem letztlich doch an anderer Stelle zu liegen. Gendergerechte Sprache dient der sprachlichen Sichtbarwerdung von ca. 50% der Bevölkerung. Das mag man sinnvoll und gerecht finden, oder eben nicht. Von der Positionierung hinsichtlich dieser Fragestellung scheint mir allerdings alles Weitere abhängig zu sein. Ich lese obigen Text nämlich trotz vorangestellter Unbedenklichkeitserklärung nicht als Lob des Willens und der Anstrengungen zur Gleichberechtigung, bei deren Verwirklichung kleinere Schönheitsfehler aufgetreten sind, die wir nun noch korrigieren sollten. Vielmehr möchte der Text pars pro toto zeigen, wie albern und unpraktikabel all dieses Gendergespreche und Geschreibe doch ist. Anders lässt sich der Schrift gewordene Versprecher im ersten Satz nicht verstehen, anders ist „zweifelhaft“ auch nur schlicht falsch (und das kann jedem passieren) aber noch lange nicht freudsch.
9. September 2015 um 19:31
Sprache hin oder her; nicht nur für chancenlose „Gender-Forschung“ muss die Wirtschaft Geld verfügbar machen, sondern leider auch für die negativen Folgekosten des angewandten Genderismus. Denn ein wenig ungesund für Frauen, Mütter und Kinder scheint Gender Mainstreaming schon zu sein. Zum Beispiel das Negieren bedeutsamer und dem Mann überlegener weiblicher Eigenschaften mit der Folge, dass häufig der Body nur noch wichtig und die an sich höhere weibliche Depressionsneigung noch gesteigert wird. Vergessen der für Sprach- und Kognitiventwicklung wichtigen frühkindlichen Mutterbindung (infolge des frühen flüssigkeitsgekoppelten Hörens des Foeten im Mutterleib) mit der Folge von Sprach-, Lese- und Rechtschreibstörungen durch Fremdbetreuung. Probleme durch Cortisolausschüttung (gefährliches Stresshormon) und Schlafmangel mit entsprechendem Wachstumshormonmangel von Krippenkindern mit Hippocampusminderung (Lernmaschine des Gehirns).
Erschreckende Zunahme von Depressionen auch bei Kindern und Jugendlichen.
[siehe „Kinder – Die Gefährdung ihrer normalen (Gehirn-) Entwicklung durch Gender Mainstreaming“ in: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 6. Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2015: ISBN 978-3-9814303-9-4 (http://www.amazon.de/Vergewaltigung-menschlichen-Identität-Irrtümer-Gender-Ideologie/dp/3) und „Es trifft Frauen und Kinder zuerst