Von Hannes Hansen

Kiel. Porträtbüsten von vier Nobelpreisträgern, die irgendwann einmal an der Kieler Uni gelehrt haben, soll der Bildhauer Jörg Plickat im Auftrag der Kieler Rotary Clubs schaffen, lesen wir im „Kieler Express“. Die Stadt Kiel zeigt sich angetan von dem Geschenk, und in ein paar Wochen werden die bronzenen Herren im Ratsdienergarten der Stadt vom Glanz Kiels als Wissenschaftsstandort künden. Aber wieso vier? Da fehlt doch einer.

Genauer gesagt: Zwei. Zwei Nobelpreisträger sind nicht unter den so geehrten Heroen der Wissenschaft auf dem „Walk of Science“, wie Jörg Plickat in Anlehnung an den „Walk of Fame“ Hollywoods die geplante Anlage nennt.

Aber der Reihe nach: Der Chemiker Eduard Buchner lehrte von 1894 bis 1896 an der Christian-Albrecht Universität und bekam 1907, lange nach seiner Kieler Zeit, den Nobelpreis. Auch der berühmte Physiker Max Planck (Plancksches Wirkungsquantum) wirkte nur vier Jahre in Kiel. Als er 1918 den Nobelpreis erhielt, hatte er schon fast dreißig Jahre den Lehrstuhl an der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität, der heutigen Humboldt-Universität, inne. 1922 dann ehrte das Nobelpreiskomitee den Physiologen und Bio-Chemiker Otto Meyerhof, der sich in Kiel habilitiert hatte und hier seine erste Professur erhielt (1918-1924). 1935 schmissen die Nazis den Juden aus der Heidelberger Akademie der Wissenschaft, er emigrierte in die Schweiz, dann in die USA.

Der Chemiker Otto Diels, der insgesamt dreißig Jahre in Kiel lehrte, bekam 1950 den Nobelpreis, zwei Jahre nach seiner Emeritierung. Mit ihm erhielt ihn sein Schüler Kurt Alder für die Entdeckung der nach den beiden Wissenschaftlern benannten Diels-Alder-Reaktion. Am „Walk of Science“ wird seine Büste fehlen. Man weiß nicht warum, wüsste es aber gerne. War sein Lebenslauf nicht so porentief rein oder reichte die Ehrung für den Chef vons Janze?

Warum die Büste des Physikers Philipp Lenard fehlt, der von 1898 bis 1907 in Kiel tätig war und 1905 den Nobelpreis erhielt, weiß man dagegen genau. Nur: Der Bericht im „Kieler Express“ sagt es nicht, und auch auf der Website der Christian-Albrecht-Universität, die sich einiger Dutzend brillanter Köpfe in ihren Reihen rühmt und sie mit Bild, Lebenslauf und wissenschaftlicher Leistung vorstellt, fehlt sein Name. Ist ja klar, der Erfinder der „Deutschen Physik“, der Einsteins Relativitätstheorie für „die Erfindung eines kranken jüdischen Geistes“ hielt und allen Ernstes der Auffassung war, Wissenschaft sei „rassisch, blutmäßig bedingt“, ist nicht vorzeigbar, ist geradezu bäh bäh. Aber so zu tun, als habe er nie existiert, kann ja auch nicht die Lösung sein. Wie wäre es mit der Aufstellung einer, meinetwegen auch bronzenen, Hinweistafel im Ratsdienergarten mit den Worten: „Hier wird ausdrücklich nicht geehrt, der Kieler Physiker und Nobelpreisträger von 1905 Philipp Lenard. Der widerliche Antisemit log seine wissenschaftlichen Erkenntnis um zu einer verquasten Rassentheorie.“