Der dänische Beatpoet Claus Høxbroe trat in der Festung Friedrichsort auf
Von Hannes Hansen
Kiel. Mit der Festung Friedrichsort, einer dänischen Gründung während des Dreißigjährigen Kriegs, und ihren Gewölben aus preußischer Zeit hatten der SSF – die kulturelle Vertretung der dänischen Minderheit –, das Literaturhaus und der Verein der Freunde der Festung Friedrichsort einen symbolisch aufgeladenen Ort für eine deutsch-dänische kulturelle Begegnung gewählt. Im Rahmen des „Literatursommers Dänemark“ trug der Beatpoet Claus Høxbroe zur Klavierbegleitung durch Oscar Gilbert Gedichte vor, Tobias Koch las die gemeinsam mit Høxbroe angefertigte Übersetzung.
Schon sein Äußeres machte deutlich, woher Claus Høxbroes Inspiration stammt, was der Stoff ist, den seine Poesie antreibt. Einerseits trat der dänische Beatpoet am Dienstagabend im schnieken grauen Anzug mit Krawatte und dito -nadel auf, so wie seinerzeit die „Cats“ der Jazz-Szene der 50er Jahre in ihren Zoot Suits. Andererseits: bunte Sneakers und vor allem dieser heute leicht komisch wirkende Pork Pie Hat, der ja wieder Konjunktur hat, den die Jazzer um Lester Young und Co. zu ihrem Markenzeichen gemacht hatten.
Der Grund für die Kostümierung ist einfach, Claus Høxbroe sieht sich selbst als Cat, als einen Dichter, der den Beat, die Improvisationsfreude, die Rhythmen des Jazz in Worte verwandelt und in eine fließende Poesie der Großstadt überträgt. Und so wie bei seinen historischen Vorbildern vor einem halben Jahrhundert, wie bei Laurence Ferlinghetti etwa oder Allen Ginsberg treten in seiner Lyrik dann auch Lester Young und Charlie Parker, Satchmo, John Coltrane auf und Ella Fitzgerald auf.

Im Outfit der Jazzer der 50er Jahre: der Kopenhagener Beatpoet Claus Høxbroe (Foto: Eddie Michel Azoulay)
Anders als bei den amerikanischen Beatpoeten ist diese Lyrik gleichmütiger, ohne die Wut über sexuelle Repression, Kapitalismus und Konformität eines Gedichtes wie Allen Ginsbergs „Howl“, ein bisschen sehr einverstanden mit dem kulturellen und gesellschaftlichen Mainstream. Möglicherweise aber zeigt sich in Versen wie „Die Stadt ist eine Explosion / die allmählich verstummt / irgendwo im Nachhall der Vorstadt“ eine zwischen Subversion und Resignation schwankende Unlust an den zivilisatorischen Gegebenheiten, die bewusst auf grobes Geschütz verzichtet.
Gerne hätte man mehr von seinen zwischen Hochgeschwindigkeitslyrik und knappsten Wirklichkeitsfetzen – „Asphalt und / Auferstehung / Bier weicht / Bürgersteig auf“ – oszillierenden Versen gehört, doch leider ging ein Gutteil seines Vortrags mit nicht durchweg uneitlen Erklärungen zu seinen Gedichten und Liebeserklärungen an den Veranstaltungsort auf. Doch immerhin gaben Gedichte wie „Jazztage“ mit den rauschhaften Versen „Es gibt Tage an denen der Jazz die Wände hinunterfließt / Tage an denen das Rattern der Einkaufswagen auf dem Beat von Art Blakey liegt, gezielte milde Tupfer auf die Hi-Hat …“ einen ersten Einblick in die Qualität dieser Lyrik.
Nicht minder zum Erfolg des Abends trug das Klavierspiel Oscar Gilberts bei. Durchweg improvisiert, wechselte er zwischen locker lässigen Melodien im Modern Swing Stil, der modern interpretierten Dialogtechnik Duke Ellingtons und den sparsamen Akzentuierungen der Count-Basie-Ära, gab sich einmal entspannt, dann hart dissonant und fand zwischen Begleitung und Kommentierung der Verse Claus Høxbroes das nötige Gleichgewicht.
Die Lesung an dem ebenso ungewöhnlichen wie stimmungsvollen Ort der Festung Friedrichsort, dem ehemaligen Christianspries, inmitten von Grün umwucherter alter Gemäuer sollte, wenn es nach den Wünschen des Vereins der Freunde der Festung Friedrichsort geht, kein Einzelfall sein. Weitere kulturelle Veranstaltungen sind ja auch durchaus vorstellbar, schließlich besitzt die Stadt Kiel 25 Prozent der Anteile an Gelände und Gebäuden. Die Mehrheitseigentümer, Privatleute und ehemalige Manager der auf dem Gelände angesiedelten Firma Caterpillar, sollen dem Vernehmen nach dem Vorhaben durchaus wohlwollend gesonnen sein.
Weitere Kieler Lesungen im Rahmen des Literatursommers Dänemark:
- Mo, 24.8., 20 Uhr, Literaturhaus Schleswig-Holstein: Peter Adolphsen liest aus seiner Erzählung „Das Herz des Urpferds“.
- Do, 27.8., 20 Uhr, Kulturforum: Hannelore Hoger liest Tania Blixens Erzählung „Der Ring“ und Märchen von Hans Christian Andersen. Begleitung am Klavier Siegfried Gerlach.
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