Am 22. August starb Mariem Hassan, die weltberühmte Sängerin aus der Westsahara

Von Hannes Hansen 

Algerien. Eine raue, eine kraftvolle Stimme, heiß wie der Wüstensand, in dem Mariem Hassan (www.mariemhassan.com) mit ihrer Familie viele Jahre lebte. Aus ihren Liedern klingt der Gluthauch der Sahara, klingen Klage, Trauer und Trotz. Die am 22. August im spanischen Exil mit siebenundfünfzig Jahren Verstorbene sang für und von den Saharauis, einem Volk, das in der südalgerischen Wüste in Zeltlagern Zuflucht gefunden hat vor den marokkanischen Besetzern seines Landes, der ehemaligen spanischen Kolonie West-Sahara.

Fast vierzig Jahre schon dauert die illegale und von der UNO verurteilte Besetzung, Jahre, in denen die Saharauis eine eigene Infrastruktur mit einer Exilregierung in einem algerischen Flüchtlingslager, mit Schulen und vielfältigen kulturellen Aktivitäten geschaffen haben. Für die Rechte ihres Volkes trat Mariem Hassan, die bis zu einer schweren Erkrankung im Jahre 2002 in diesem Lager lebte, in Kundgebungen und Konzerten auf allen Kontinenten ein. In der ganzen Welt war sie bekannt als die Stimme ihres Volkes, für die Saharauis und für ganz Afrika so wichtig wie Miriam Makeba  für die Schwarzen Südafrikas.

Mariem Hassan (Foto: Manuel Domínguez)

Mariem Hassan (Foto: Manuel Domínguez)

Mit ihren Liedern war Mariem Hassan, wie die spanische Zeitung „El País“ in ihrem Nachruf  schreibt, „fähig, Verzweiflung und Hoffnung auszudrücken … Ihr Schrei war der Schrei ihres Volkes, ein Schrei nach Freiheit.“ Sie sang von den Sehnsüchten und Wünschen der Saharauis, der Hoffnung auf Heimkehr, von Liebe und Überlebenswillen, von starken Männern und tapferen Frauen und immer wieder von dem unbezwingbaren Willen, ein Leben in Würde zu führen. Mariem Hassans Lieder waren ein Aufschrei, waren Klage und Anklage.

Mariem Hassan im Konzert (Foto: Manuel Domínguez)

Mariem Hassan im Konzert (Foto: Manuel Domínguez)

Sie sang auf  Hasania, der Sprache der Saharauis, aber ihre Botschaft teilt sich unmittelbar mit. Ihre Volkslieder stehen in der musikalischen Tradition des „haul“, einer schwarzafrikanisch-berberischen Mischform, ihre politischen Kampfgesänge sind, traditionell in Struktur und Stimmführung, modern in der Textgestaltung und Instrumentierung. Diese Mischung ergibt eine eigene Variante von World Musik, eine Art Wüstenblues – freilich ohne die Struktur des amerikanischen Blues – von hoher Intensität.

Jetzt ist Mariem Hassan verstummt. Ihre CDs sind bei dem spanischen Independent Label Nubenegra erschienen. In Deutschland sind sie nur beim Berliner Kulturkaufhaus Dussmann  erhältlich. Proben ihrer Lieder sind auf YouTube zu hören.