Tom Shaka zu Gast im Kulturforum

Von Hannes Hansen

Kiel. Trotz herbstlicher Temperaturen auf den regennassen Kieler Straßen herrschte im Kulturforum von Anfang an eine schwülheiße Atmosphäre wie in einem der Blues Shacks, der Musikbuden im Mississippi-Delta, als Tom Shaka, seit Jahren gern gesehener Besuch in Kiel, der des öfteren auch mit Bluesgrößen wie Abi Wallenstein, Georg Schröter oder Marc Breitfelder auftritt, wieder einmal als Solist zu hören war. Der Amerikaner mit den sizilianischen Wurzeln ließ Gitarre und Mundharmonika jaulen, wimmern, winseln, stöhnen und jubeln, bis man glaubte, sein Wohnort, das beschauliche Buchholz, liege an den Ufern des Ol’ Man River statt, wie seit langem, in der Nordheide. Er knarzte, grunzte, wisperte, schrie den Blues mit einer Stimme heraus, so schwarz wie der Schlamm, den der Mississippi  in den Golf von Mexiko hinausschiebt.

Tom Shaka (Foto: Tom Shaka)

Tom Shaka
(Foto: Tom Shaka)

Tom Shaka überzeugte am vergangenen Freitag in seinem Kieler Konzert mit einem Programm, das keine Grenzüberschreitungen scheute und vom Delta-Blues über John Lee Hooker-, Ray Charles- oder B.B. King-Nummern bis zu Songs aus dem Great American Songbook reichte. Doch egal, was er sang und auf Gitarre und Mundharmonika spielte, es klang immer nach Blues. Das galt für Smiley Lewis’ archaisches I hear you knockin’“ ebenso wie Ray Charles’ Lucky old Sun“ oder ein Medley mit Songs wie Over the Rainbow“ oder Dream a little Dream of me“. Da wurde selbst ein scheinbar so einfaches als Ragtime gespieltes All of me“ (All of me – schrumm schrumm – why don’t you take – schrumm schrumm – all of me) zum Erlebnis.

Playing the Blues, den Blues zu spielen, sagte Tom Shaka, sei wie ein Urschrei, eine Befreiung der Seele, und sein Spiel bewies das aufs Schönste.  Die Urgewalt seiner rauen Stimme kontrastierte reizvoll mit einer stupenden Spieltechnik, die er zunächst auf der stählernen halbakustischen, dann auf der E-Gitarre präsentierte. Ob er seinen Instrumenten klirrend heiße und schneidend kalte Töne oder einen satten, vollen Sound entlockte, ob er mit behändem Fingerpicking und mit rasend schnellem akkordischem Spiel aufwartete oder mit einer dem Rasgueado des Flamenco verwandten Technik der Akkordzerlegung alle fünf Finger über die Saiten wirbeln ließ, man merkte sehr schnell: Was dieser Mann auf der Gitarre nicht kann, braucht man nicht zu können. Von ähnlicher Güte das Spiel auf der Mundharmonika, der klassischen Blues Harp, mit Tönen wie der Schrei eines verwundeten Tiers.


Tom Shaka live 2014 in Norderstedt

So trug Tom Sharkas facettenreicher Gesang und die Virtuosität seines Gitarren- und Mundharmonikaspiels, die nie bloße Zur-Schau-Stellung technischen Könnens sondern einfach Ausdruck einer ungeheuren, emotional aufgeladenen Spielfreude und einer geradezu vulkanischen Musizierlust mühelos über einen langen, knapp drei Stunden dauernden Abend.