Das LandesJugendJazzOrchester probte im Nordkolleg für seine School Tour
Von Jörg Meyer
Rendsburg. „Erst ’Ruck-Sack’, dann ’Tisch-Decke’“ – Jens „Doc“ Köhler, Leiter des LandesJugendJazzOrchesters, zitiert den Bigband-Witz, der zwischen Funk, Rock, Latin und andererseits dem Swing-Idiom lautmalerisch unterscheidet. Beide Grooves probte das LJJO am vergangenen Wochenende im Nordkolleg für seine School Tour, bei der es mit örtlichen Schul-Bigbands erst workshopt und dann konzertiert.
Den Groove macht aus, mal bewusst zu „stolpern“, mal „straight ahead“ dem Takt voraus zu eilen wie in Sammy Nesticos „A Warm Breeze“. Dozent Sven Kagelmann verhandelt das mit den Saxofonen: Wo liegen die Gewichte im Offbeat, welche Note stößt man mit „der sprechenden Zunge als Ventil“ an, wo muss der Atem weit über die Phrase reichen? Und wie kommen die Viertel selbst in den Triolen „gefühlt auf den Punkt“? Gerade, wenn es „so quer durch den Garten“ geht wie im neuesten Programm, das nach Hommagen an den „Count“ (Basie) und den „Duke“ (Ellington) diesmal das erweiterte Motto „That’s Jazz“ hat.
Zwischen „Ruck-Sack“ und „Tisch-Decke“ wechselt auch die Rhythmusgruppe, die Detlev Beier anleitet. „Wie ein Boxer am Punching-Ball“ hätte er Piano, Gitarre, Bass und Drums gern. Jeder Schlag muss sitzen, federndes Tänzeln inbegriffen. „Jede Note ist wichtig, keine zu viel, davon lebt der Groove!“ Aber dabei muss man cool bleiben, „so trocken wie möglich“ voran marschieren. Und „ans Sprungbrett denken“, denn „der Laden“ wird in den Breaks eben nicht „zugemacht, sondern erst eröffnet“.
Die Posaunisten, solche Groove-Grammatik ahnend, schlagen ihrem Dozenten Sebastian Hoffmann vor, ihre Viertel „etwas anzusliden“. Hoffmann überlegt, meint dann aber – vielleicht genau dasselbe, nur anders in Worte gefasst: „Okay, doch nicht zu doll, eher so mit nachbohrendem Zeigefinger.“
Derweil proben die Trompeten die Akkorde in „slow motion“. Sie sollen gern farbig oder auch schräg klingen, findet Dozent Sven Klamm. Selbst solche Chromatik braucht unbedingte Präzision – und Lautstärkesteuerung. Dass Köhler den Trompeten manche Stelle einfach gestrichen hat, muss er begründen: „Wenn ihr da volles Rohr gebt“, sagt er, haben die Saxofone keine Chance mehr.“ Müssen sie aber, damit es groovt. So bescheidet sich das glitzernde Bläsergold. Denn, das lernt man hier: Bigband-Sound lebt vor allem von der Balance im Groove – zwischen „Ruck-Sack“ und „Tisch-Decke“.
Konzerte (jeweils 19 Uhr): Di, 1.12., Eckernförde, Jungmannschule (mit Brass Report); Mi, 2.12., Gymnasium Lütjenburg (mit dessen Bigband); Do, 3.12., Jugendhof Scheersberg (mit der Big Bernstorff Band des Gymnasiums Satrup). Werkstattkonzert: heute, 11 Uhr, Nordkolleg Rendsburg, „U“.
„Faire“ Akustik im neuen „U“

Arvid Maltzahn (links) und Jens Köhler bereiten das neue „U“ für das Werkstattkonzert des LJJO am Sonntagvormittag vor (Foto: ögyr)
Erst vor kurzem wurde der neue Mehrzwecksaal „U“ unter dem Vorgarten des Nordkollegs eingeweiht. Noch bevor darüber Gras wachsen könnte, ist das LJJO nach einem A-cappella-Konzert und einem Tango-Abend mit dem Lübecker Klarinettisten Bernd Ruf das dritte Ensemble, das im „U“ spielt. Arvid Maltzahn (Landesmusikrat) und Jens Köhler loben seine „faire“ Akustik, den „gelungenen Mix aus Trockenheit und Raumklang“. Das trotz Schwingboden, notwendig für Tanzveranstaltungen, aber wie die Betonwände akustisch nicht unkritisch für eine Bigband. „Wenn jetzt noch die geplanten beweglichen Vorhänge zur Dämpfung des Halls“ dazukommen, sei der Raum perfekt, meint Maltzahn: „Eine baulich wie akustisch richtige Entscheidung für eine zukünftige Landesmusikakademie.“
Lübeck – Leipzig – LJJO
Von ihrem Heimatort Lübeck zog es die 20-jährige Lilly Ketelsen nach Leipzig, wo sie seit Oktober Jazz- und Pop-Gesang studiert. Perfekte Ergänzung dazu und Gelegenheit, in die noch gar nicht so alte Heimat zurückzukehren, bietet ihr, die als Mitglied des A-cappella-Quartetts „baff!“ schon von sich hören ließ, das LJJO, das mit ihr seit längerem wieder eine Sängerin in seinen Reihen hat. Mit Swing-Klassikern wie Ellingtons „I’m Beginning To See The Light“ und Funk-Nummern à la Crusaders’ „Street Life“ deckt sie ein breites Groove-Spektrum ab.
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