Das Projektorchester Schleswig-Holstein probt für sein fünftes Konzertprogramm
Von Jörg Meyer
Kiel. „Das ist doch kein Presto, das ist Presswurst“, scherzt Thomas Keller, Leiter des Projektorchesters Schleswig-Holstein, und nimmt sich insbesondere die Holzbläser nochmal kräftig zur Brust. Bei deren flinken Noten in Jacob de Haans „Oregon“ müsse unbedingt „die Post abgehen“, man sei hier schließlich nicht „im Pflegeheim“.
Sondern im Mannschaftsheim des Marinestützpunkts am Kieler Tirpitzhafen, wo das sinfonische Blasorchester sein fünftes Konzertprogramm einstudiert. Wie ein Konzertsaal wirkt der mit Signalflaggen und Segeln geschmückte Raum nicht gerade. Aber er ist groß genug, um den rund 70 Amateurmusikern Platz zu bieten und auch deren stellenweise „erheblichen Schalldrücke“ auszuhalten, weiß Thomas Keller, studierter Tubist und Dirigent, der das Orchester 2011 „mehr oder weniger aus einer Laune heraus“ gründete und schon für das erste Konzert, damals noch in der Petruskirche, die ehemalige Stadtpräsidentin Cathy Kietzer als Schirmfrau gewinnen konnte. „Musik verbindet“ ist seither das Motto des Orchesters. Auch im Repertoire, das ein „sehr flexibles“ Spektrum von Filmmusik und Musical über klassische Bigband-Nummern und die beliebten „British Seasongs“ bis hin zu Opernmelodien abdeckt. Auch mit großen Pop-Chören wie DeKiela Sunrise und Hello Music arbeitete man schon zusammen. Für das fünfte Konzert, „unser kleines Jubiläum“, das am 19. März im Kieler Schloss stattfinden wird (Kartenverkauf läuft seit Anfang Dezember), stehen unter anderem Bizets „Carmen-Suite“ und Stücke aus Verdis „Aida“ (mit original Aida-Trompeten) auf dem Programm. Fast jedes Stück arrangiert Keller um, passt es der aktuellen Besetzung des Orchesters an. Aber auch auf Originalkompositionen für sinfonisches Blasorchester wie das bereits genannte „Oregon“ greift er gern zurück.
Für das nimmt er sich und die Musiker, die aus ganz Schleswig-Holstein für die Probenwochenenden an die Förde kommen, nochmal hart ran. Die „Post“, die da eben noch nicht ganz wie gewünscht „abging“, hat den agilen Dirigenten einige Schweißperlen gekostet, die er sich von der Stirn tupft. Doch die Atempause ist nur kurz, um vor allem das tiefe Blech „auf Zack zu bringen“ – bei „Tenuto-Strichen wie Lasagne“ und bei Synkopen, die „richtig abgebissen werden müssen“. Kellers Worte, mit denen er seine Klangvorstellungen illustriert, sind bildreich, und auch manchen Musikerwitz streut er ein: „Gemeinsam anfangen und gemeinsam aufhören – alles dazwischen ist Schicksal“, feixt er, wenn sich auf dem Weg zur Fermate mal die ein oder andere Sechzehntel verirrt. Hört zwar keiner, Keller aber schon. Er will Präzision! Und einen guten Klang, der bei einem so großen Orchester zuweilen von bloßer Lautstärke überdeckt wird. „Laut spielen muss man können“, ruft er ins Tosen. „Aber entscheidend ist das Leise. Schrill sind andere, wir bitte nicht!“
So nimmt man sich in „Oregon“ und später in der Suite aus dem Musical „Aladin“ nochmal die Kontraste zwischen glitzerndem Blech und dem milderen Glanz der Holzbläser vor. „Ihr müsst hyperaktiv, aber leise sein“, empfiehlt Keller letzteren und den Posaunen, „die Melodie breit darüber zu legen“, ohne das „Gewriggel im Holz zuzudecken“. Auch hier gilt nämlich: Musik verbindet – gerade klangliche Gegensätze. Und so erstrahlt „Oregon“ schon bald umso differenzierter und polyphon durchsichtiger. So geht die Post ab, nicht nur im Presto.
Infos und Anmeldung für interessierte neue Mitspieler: www.projekt-orchester.net.
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