Momentaufnahmen der Theaterarbeit: Bei den Kieler Komödianten entwickeln sich „Szenen einer Ehe“

Von Christoph Munk

Kiel. „Heute sind wir einen großen Schritt vorangekommen“. Christian Lugerth sitzt ganz entspannt im Studio des Kieler Theaters Die Komödianten und erzählt von den Proben an Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“. Viel Zeit ist nicht mehr bis zur Weihnachtspause und dann bis zur Premiere am 14. Januar. Doch der Regisseur hat „ein gutes Gefühl“ dieser Phase der Arbeit mit den Schauspielern. Zuviel will er nicht versprechen, denn wer sich auskennt, weiß, wie vorsichtig man mit dem Auf und Ab in einem solchen Prozess umgehen muss. Doch der Reihe nach:

Das Stück: Komödianten-Direktor Markus Dentler entdeckt im Sommer die Zwei-Personen-Fassung der Vorlage von Ingmar Bergman für sich und sein Theater. „Das ist das richtige Stück für uns im Winter und Frühjahr“, findet er und macht in den „Szenen einer Ehe“ durchaus komische Elemente aus.

Regisseur mit Erfahrung: Christian Lugerth. (Foto Nathalie Michael)

Regisseur mit Erfahrung: Christian Lugerth. (Foto: Nathalie Michael)

Der Regisseur: Christian Lugerth, lange als Schauspieler aktiv und jetzt hauptsächlich als Regisseur tätig – vor allem zwischen Freiburg und Gießen, kennt sich mit den Arbeitsbedingungen an Theatern mit kleinen Bugets aus. Bei den Komödianten hat er schon drei Produktionen herausgebracht, jüngst das äußerst komische und erfolgreiche Solo „Macho Man“.

Die Schauspieler: Antje Otterson ist als Kleiner Prinz in jedem Sommer bei den Komödianten präsent und war in den zurückliegenden Jahren hier in mehreren Rollen zu sehen; zuletzt spielte sie vor allem in Hamburger Theatern. Ivan Dentler, in Hamburg ausgebildet, bewährte sich bei den Komödianten in etlichen Solorollen – vor „Macho Man“ etwa in „Ich, Per Gynt“, „Nipple Jesus“ oder in „Fully Committed“; und er übernahm zuletzt in einem Märchenstück und in „Acting“ die Aufgaben von Regisseur und Hauptdarsteller.

Die Arbeit am Text: Der schwedische Autor und Filmregisseur Ingmar Bergman entwickelte „Szenen einer Ehe“ 1973 als fast fünfstündige Fernsehserie und brachte wenig später eine über zweieinhalbstündige Kinofassung heraus. 1981 inszenierte er den Text selbst in München als Theaterstück mit sechs Rollen, kurz danach entstand eine Version für zwei Schauspieler, die an vielen Bühnen gespielt wird, derzeit beispielsweise in Lübeck, Rostock und Bremerhaven.

„Ich habe mich gleich an die Zwei-Personen-Fassung gehalten“, sagt Christian Lugerth, von der TV-Serie mit Liv Ullmann und Erland Josephson habe er nur Ausschnitte gesehen. „Man muss eben seinen eigenen Zugang zu dem Text finden“, so beschreibt der Regisseur seine ersten Arbeitsschritte. Neugier, Offenheit für alle Themen und Stoffe, sind für ihn die Voraussetzungen für so eine Aufgabe. Und „die Fähigkeit, Zweifel, die natürlich schnell aufkommen, schnell zu überwinden, indem man die Herausforderung annimmt“.

Der Inhalt: „Für mich ist das eine Geschichte von zwei Menschen, die nicht voneinander loskommen, aber auch nicht zusammen leben können.“ Lugerth fasst den Inhalt in einem Satz zusammen. Das werde von Bergman in etlichen Stationen erzählt: Eheschließung, Trennung, Rückkehr, Scheidung und doch wieder Einigkeit – irgendwie. „Wenn man selbst Erfahrungen mit längeren Beziehungen hat“, gibt der Regisseur zu, „merkt man plötzlich, wie sehr man selbst davon betroffen sein kann. Man wird sich plötzlich bewusst, wie Rituale nach einem greifen, wie sehr man Löcher mit Gewohnheiten füllt.“

Solche Gedanken und Gefühle könne und müsse man auf die Bühne bringen – mit aller Ernsthaftigkeit. Aber: „Wenn man diese Dinge ein wenig überdreht, werden sie komisch“, stellt Lugerth fest. „Aus der Distanz betrachtet, erscheinen die ’Szenen einer Ehe’ eben auch unterhaltsam.“

Finden im Spiel zueinander: Antje Otterson und Ivan Dentler in einer Probeszene. (Foto eis)

Finden im Spiel zueinander: Antje Otterson und Ivan Dentler in einer Probeszene. (Foto: eis)

Die Arbeit mit den Schauspielern: Beide Figuren, die Juristin Marianne und der Naturwissenschaftler Johann, kreisen in immer wiederkehrenden Dialogen, in Streitszenen und Versöhnungen, umeinander. Das verlangt von den Schauspielern Präzision, Präsenz und ein hohes Engagement. „Antje Otterson liegt sehr gut auf der Rolle drauf“, sagt der Regisseur und meint Alter, Erscheinungsbild, Körperlichkeit. „Für Ivan ist die Herausforderung größer, denn er ist jünger und muss sich manches erst erspielen.“ Aber das erhöhe den Reiz am Spielen, auch für ihn. „Für beide ist das Stück ein echtes Pfund. Und sie bringen beide dafür erstaunliche schauspielerische Fähigkeiten mit.“ Damit lasse sich wunderbar arbeiten. Müssen sie selbst die Höhen und Tiefen langer Beziehungen erlebt haben, um die Figuren glaubhaft darstellen zu können? „Müssen sie nicht“, sagt Lugerth entschieden und sieht darin eher eine Aufgabe des Regisseurs: „Ich muss versuchen, bei der gemeinsamen Arbeit über Beispiele, Anekdoten oder Gespräche solche Gefühle in ihnen zu wecken. Dann können sie so etwas selbst entwickeln.“ Im Moment gehe es darum, dass beide als Schauspieler auf der Bühne zusammenfinden, dass sie aufeinander reagieren, Verbindungen herstellen. „Gerade darin haben wir heute einen großen Schritt gemacht“, ist der Regisseur zufrieden. Im Moment. Denn die Arbeit ist noch lange nicht fertig.

Infos: www.komoediantentheater.de