Soulfinger und Typhoon Motor Dudes zündelten rockig am Tannenbaum
Von Jörg Meyer
Kiel. Zum 16. Mal in Folge machte die Kieler Combo Soulfinger die Pumpe auch am diesjährigen ersten Weihnachtsfeiertag zu „unserem Wohnzimmer“. Der Soul-Schwof der 13-köpfigen Band um Lead-Sänger Knud Leif Knutsen gehörte somit wieder zum Weihnachtsfest wie Gans und Tannenbaum.
Der funky Bläserglanz in Marvin Gayes „Dancing In The City“ treibt eventuelle Festtagsmüdigkeit schon im zweiten Song aus den Gliedern. Auch optisch glitzernd sind Knuds weihnachtlich rotes Satin-Jackett und die goldenen Lametta-Boas der fulminanten „Four Ladies“ im Chor und ihren stimmlich beeindruckenden Soli. „Squeeze me, tease me“ lautet der Schlachtruf, dem die Soulfinger mit Blues-Brothers-Klassikern wie „She Caught The Katy“ Rhythm’n’Blues-Spitzen aufsetzen. „Das kribbelt uns auf der Haut, euch hoffentlich auch“, ahnt Knud, auch in der Sprechstimme ein tief-schwarz gegerbtes Reibeisen. Das Publikum, trefflich „gesqueezet, geteaset“ und gekitzelt, antwortet mit einem unbedingt einverstandenen „Yeah!“ „Ihr seid gut!“, freut sich Knud. „Ihr auch!“ schallt es von der Tanzfläche zurück, auf der längst jeder Fuß im souligen Rhythmus mit muss – und will.
Überflüssig sind daher eigentlich Knuds weitere Anfeuerungsrufe, Applaus und Mitsingen hätte er gern noch etwas lauter, obwohl doch die Menge schon brodelt, aber zu Soul-Balladen wie Etta James’ „I Wanna Make Love To You“ auch mal gern schwoft, das Besinnliche des Soul in sich sickern lässt, wenn es die frohe Botschaft ist, dass nicht nur Gott die Welt geliebt hat. Der Gospel indes heißt hier Musik und ist von guten Eltern, denen die Soulfinger alle Referenz erweisen. Etwa in dem aufgedrehten „Don’t Let The Green Grass Fool You“ von Wilson Pickett. Ein Schelm, wer dabei an rauchige „Veggies“ denkt, ein Gläubiger, wer die friedlich grasenden Schafe auf solchen Soul-Weiden assoziiert.
Ein Hit folgt dem anderen, Soulfinger drehen auf, Gitarren-Soli rocken uns bis zum Rollen, und es ist einer der schönsten Momente, die bei Konzerten sein können, nämlich wenn die auf und die vor der Bühne die Rampe überwinden und zu einer Soul-Family werden. Ganz so wie es Aretha Franklin in „Think“ forderte, hier im Refrain (mit-) singend vereint wie bei „Proud Mary“ von Creedence Clearwater Revival, wo aus dem „Rollin’ on the river“ ein gemeinsamer, turbulenter Strudel wird.
Gern ließen wir uns von dem weiter umspülen, aber schauen nochmal in der Schaubude vorbei, wo das Kieler Quartett Typhoon Motor Dudes – ähnlich traditionell wie Soulfinger – ihren Punk-Motor mit allerlei weihnachtlichen PS „pimpen“. Oder aber die Segel setzen wie einst an der Typhoon-Surf-Bar am Kieler Nordstrand, der sie ihren Namen entlehnten. „Stranded In Hell“ heißt ihr bisher jüngstes Album, von dem mancher älterer, aber auch „neue alte Songs“ mit gewohnt breitbeinigem Bleifuß aus den Gitarren beschleunigen. Wie viel höchst party-kompatibler Punk mit gutem alten Rock’n’Roll zu tun hat, kann man hier als intelligent verpacktes Weihnachtsgeschenk röhren hören. Zumal die Jungs um Sänger Ole nicht bloß Drei-Akkord- und Zweitakt-Benzin im Tank ihrer Mofas haben. So wird die Weihnacht zur Punk-Rennbahn – mit schweröligem Diesel im dampfenden Blut.
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