Das Dettmers-Judith-Ehlers Organ Trio und Freunde luden zur „Kleinen Groove-Musik“ ins Statt-Café

Von Jörg Meyer

Kiel. Eine jazz-historisch klassische Besetzung ist das Organ Trio, gleichwohl hört man derlei heute nur noch selten. In seiner schon traditionellen „Kleinen Groove-Musik“ zum Jahresende zeigten das Kiel-Hamburger Dettmers-Judith-Ehlers Organ Trio und seine potenten Bläserfreunde im gut besuchten Statt-Café, wie man dem Groove den Gospel einhaucht.

Besonders in ihrer elektrischen Gestalt als „Hammond B3“ bleibt die Orgel als heimliche Königin auch der Jazz-Instrumente den gospelnden Wurzeln des Rhythm’n’Blues, Soul, Latin und selbst den eher beboppenden Jazz-Verwandten stets nah. Zumal wenn man sie so sanglich spielt wie Stephan Dettmers und Vincent Judith im Dialog mit ihr auf der Gitarre, meist dezent begleitet (im einzigen Solo allerdings grandios ausflippend) vom dritten im groovenden Bunde, Drummer Boris Ehlers. Die trauten Weiden des Soul, R’n’B und vor allem Blues liegen dabei nahe, landen aber ebenso gern an der eher coolen Eastcoast. New York rulez mehr als New Orleans, wenn seine funky Bläserfreunde Jens Tolksdorf (Saxofon), Benny Frenzke (Trompete) und Jörn Marcussen-Wulf (Posaune) das intime Trio zur Bigband en miniature erweitern.

Gospelten und rockten den Groove: (v.l.: Stephan Dettmers, Boris Ehlers, Jens Tolksdorf, Vincent Judith) (Foto: ögyr)

Gospelten und rockten den Groove: (v.l.: Stephan Dettmers, Boris Ehlers, Jens Tolksdorf, Vincent Judith) (Foto: ögyr)

Insofern ist die „Kleine Groove-Musik“ hier auch Fusion, kann balladesk bluesen und genauso gut voller Swing rocken. Doch der Gospel des Groove schlägt immer wieder durch, als gleichsam Grundkonstante, als buchstäblich „Orgelpunkt“, wenn nicht sogar musikalisches Glaubensbekenntnis, die auch in den latinisierten Uptempos des Boogaloo den so verschiedenen Göttern des Groove huldigen. Anhand des Spiels des zum Sextett erweiterten Dreierbundes darf man sich Stück für Stück, Song um Song fragen, was eigentlich Jazz sei. Nämlich ein „Melting Pot“, multikulturell von seinem Angebinn und seiner kurvenreichen Entwicklung her, mit den stilistischen Herkünften virtuos umgehend, sie neu formend, Traditionen dabei transformierend.

Dettmers spielt sich durch die klangvielfältigen Möglichkeiten seines Organums, setzt mal funky Tupfer, lässt es choralisch singen, rattert es durch die Rhythmen (anstelle des fehlenden „walking Bass“), verschmilzt im Gekurve mit der Gitarre, wo zentrifugale und zentripetale Kräfte sich im bewusst labilen Gleichgewicht halten. Diesen sanglichen Angang nehmen die Bläser auf, sind big-band-brillant, dann wieder eigenbrötlerische Solisten wie Marcussen-Wulf im von ihm gewünschten „Hallelujah“ von Carla Bley. Eigentlich eine versonnene Ballade, gerät diese zu so fettem Groove, dass mancher im Publikum einfach nur „Dankeschön!“ ruft. Wenn sich solches polyphone Konglomerat dann auch noch zu boppigem Bossa oder „sweet, soft and lazy“ Samba verdichtet, sind alle Register des Groove gezogen, rast die kleine Bigband ins vom Gospel so süß Gestillte.

Dass der Begriff Groove bei all dem so wunderlich unscharf bleibt, ist vielleicht sein gospelndes Vermächtnis. Denn Gott kann man nicht sehen, nicht hören, nur an ihn glauben – gerade im Groove.