„Maria Stuart“ als groteske Bühnenshow am Schleswig-Holsteinischen Landestheater
Von Hannes Hansen

Christian Simon, Lisa Karlström, Manja Haueis, Katrin Schlomm und Deniz Ekinci in „Maria Stuart“ (Foto: Henrik Matzen)
Rendsburg. Geschichte als groteskes Kaperletheater präsentiert Regisseurin Maria Bues in der von ihr und ihrem Team erarbeiteten „Maria Stuart“ für das Schleswig-Holsteinische Landestheater. Bei der Premiere am vergangenen Freitag in den Rendsburger Kammerspielen zeigte sich die „Stückentwicklung nach Friedrich Schiller“ auf Horst-Dieter Wesses minimalistisch kahler Bühne als grelles Grand-Guignol-Spektakel, das als TV-Realityshow über die Hinrichtung Maria Stuarts beginnt, dann zu Slapstick-Komödie und Schauerdrama überwechselt und als zutiefst pessimistische Philosophie endet, die Geschichte als Phantasma und Wiederkehr des Immergleichen begreift.

Manja Haueis (vorn), Lisa Karlström (stehend), Katrin Schlomm, Johannes Lachenmeier, Deniz Ekinci und Christian Simon in „Maria Stuart“ (Foto: Henrik Matzen)
Manja Haueis’ Maria ist in diesem Verwirrspiel um Macht, Verrat und Heuchelei eine Getriebene, eine Frau, die verzweifelt versucht, ihr Leben und zugleich ihre königliche Würde zu wahren. Anrührend ihr Agieren zwischen trostloser Verlassenheit, hochfahrendem Stolz und ahnungsvoller Einsicht in das Räderwerk der Geschichte. Ihr gegenüber steht Königin Elisabeth, die den Tod ihrer Widersacherin um den englischen Königsthron wünscht, aber getreu der Devise „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ an ihm ums Verrecken nicht schuld sein will. Lisa Karlström gibt sie in einer brillanten Mischung als eiskalte Powerfrau, kapriziösen Machtmenschen und gespielt Naive, die die Hinrichtung ihrer Rivalin mit hinterlistiger Raffinesse betreibt und in einem grandiosen Tobsuchtsanfall alle Schuld von sich weist.
Ihre Berater Graf Leicester (Johannes Lachenmeier) und Lord Burleigh (abwechselnd Deniz Ekinci und Christian Simon) sind je nach Bedarf liebedienerische oder brutale Hofschranzen, die ihre Unterwürfigkeit als Sorge um die Monarchie tarnen und am Ende ganz folgerichtig von der nun als Domina triumphierenden Elisabeth am Hundehalsband über die Bühne geführt werden. Ein Schicksal, das sogar der tugendhafte Lord Shrewsbury (Katrin Schlomm in einer Hosenrolle) teilt, der Elisabeth vergeblich um Milde für Maria Stuart bittet. In einer Mischung aus Männer- und Frauenkleidern treten sie in verschiedenen Rollen auf und verschmelzen ihre Geschlechterspezifika zu gleichförmigem Spielmaterial im Kalkül Elisabeths.
Die von einer bildmächtigen, oft überbordenden Phantasie geprägte Inszenierung wartet mit einer Reihe überraschender Bühnenmetaphern und allfälligen Bezügen zum Heute auf. Der Gegensatz der Religionen – im elisabethanischen England der zwischen Protestantismus und Katholizismus –liefert dabei nur den Vorwand für Machtkämpfe rivalisierender Fraktionen.
Manchmal merkelt es hör- und sichtbar. Elisabeths Satz „Wir schaffen das“ (den folgenlosen Justizmord an Maria Stuart) bleibt dabei glücklicher Weise eine, freilich törichte und unpassende, Ausnahme.
Infos und Karten: www.sh-landestheater.de
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