Rainer von Vielen mit ihren Revoluzzer-Songs im Roten Salon der Pumpe

Von Jörg Meyer

Kiel. Nur wenige Tage, bevor sich zum 100. Male jährt, dass der große DADA im Zürcher Cabaret Voltaire erstand, feierte und tanzte das Allgäuer Quartett Rainer von Vielen im Roten Salon der Pumpe seine Revoluzzer-Songs unter anderem vom 2014 erschienenen Album „Erden“.

Empören sich mit Dada gegen das große Bla-Bla: Rainer von Vielen (Still aus dem Video zu „Empört euch!” – Quelle: Youtube)

Die Welt retten mit Dada vor dem großen Bla-Bla: Rainer von Vielen (Still aus dem Video zu „Empört euch!“ – Quelle: Youtube)

Dada ist längst verblichen zum „Bla-Bla“ neuer Zeiten, an deren Puls die „Bastard-Pop“-Agent-provocateurs dennoch dranbleiben. „Unser Bla erleuchte dich!“, heißt es voll beißender Ironie in „Großer Bla“, einem Song, der der Band Auftrittsverbot in katholischen Einrichtungen und somit Lob eintrug. Aber da wir ja im protestantischen Norden sind, wird dessen christliche Botschaft, dass alle Menschen Brüder seien und sich als solche auch empören müssten gegen das aktuelle bayrische Bla-Bla zur Flüchtlingspolitik, geradezu revoluzzerhaft tanzend.

Ob die, die dort den (ebenfalls nicht ohne Ironie) selbsternannten „geilsten Ghetto-Rappern“ die revolutionären Fäuste nachrecken und begeistert solche Tänze auf Vulkanen mittanzen, die vielschichtige Ironie der Rainer-Reime verstehen, sei mal dahin gestellt. Der Song „Plan X“ jedenfalls, in dem das ABC der vielen Pläne, die man ja machen kann, von denen aber schon laut Brecht keiner gelingt, durchdekliniert wird, ist seit CDU-Klöckners „Plan A2“ aktuell wie nie.

Dennoch sind Rainer von Vielen nur zuweilen Rapper und dann auch gern im ghetto-typischen Bla-Bla, das sich in „Innen an Außen“ fröhlichst urständig dadaistisch gegen den üblichen (Un-) Sinn stellt. Rainer jodelt in „Du bist nicht allein“ zum Akkordeon alpenländisch. Und auch in der Heimatlied-Parodie „Mein Block“ wird so musikantengestadelt, dass es eine Lust ist, zumal wenn auch nochmal Ton Steine Scherbens Kampfruf „Keine Macht für niemand!“ erschallt.

Wir bräuchten Revolution. Nur wie geht die? Soll’n wir wie in „Niedermauern“ mit Rainer als die Vielen mitmarschieren für eine Welt, in der es keine Mauern mehr, nur noch Freundschaft und verkappte Liebeslieder wie „Wenn du mich nur lässt“ gibt? Die kaputte Welt des Kapitals lässt in ihren Unter- und Übertönen derlei derzeit nicht zu. Und so setzt Sänger Rainer im Obertongesang eine andere dagegen, erinnert an den Aufbruch der 1980er Jahre, als Bands wie Einstürzende Neubauten das Neue, Verdorbene zum Einsturz bringen wollten.

Zu solchem setzen Rainer von Vielen mannigfaltige Links, wissend, dass Revolution selbst verblasen ist, nur noch im Lied funktioniert. Oder als Dadaisierung des heute allgegenwärtigen großen Bla-Bla.

Infos und Hörproben: www.rainervonvielen.de