TinaZAHRT feiern ihr zehntes Jubiläum

Von Jörg Meyer

Kiel. Seit nunmehr zehn Jahren feiert das Kiel-Hamburger Quartett TinaZAHRT die frei improvisierte (Jazz-) Musik. Freejazz nannte man derlei früher, aber in die Schublade wollen sich „die Grenzenbegrinser“ nicht packen lassen. Und die ziehen sie auch nicht auf, wenn sie im Blauen Engel ihr Jubiläumskonzert geben.

Freiheit schrieben und schreiben sich (aktuelle Besetzung) Heiko Klotz (Tasten, Stimme, Perkussion), Jens Tolksdorf (Saxofone, Bassklarinette), Sven Zimmermann (Kontra- und E-Bass) und Björn Lücker (Drums) auf die nicht vorhandenen Notenblätter. Bloß was ist Freiheit? „Wenn man das mal philosophisch betrachtet, sowohl die Freiheit von als auch die Freiheit zu“, leitete der Rezensent seine Besprechung des Debütkonzerts im April 2006 im Prinz Willy ein. Inzwischen hat die sich der „freien Improvisation“ verschreibende Band vier CDs veröffentlicht, allesamt nicht im Studio aufgenommen, sondern – logisch – Live-Mitschnitte, der jüngste 2013 im Blauen Engel unter dem Titel „Second Flush“, davor 2007 „Was kannst du tun?“ im Hof Akkerboom.

Kein Stück wie das nächste, frei vom ersten zum folgenden: Die Kiel-Hamburger „Grenzenbegrinser“ TinaZAHRT (Foto: TinaZAHRT)

Kein Stück wie das nächste, frei vom ersten zum folgenden: Die Kiel-Hamburger „Grenzenbegrinser“ TinaZAHRT (Foto: TinaZAHRT)

Wo schließen wir uns da mal frei assoziierend improvisiert an? „Second Flush“ ist gut: So nennt man nämlich Tees, deren erst zweite Blüte richtig aromatisch ist. Und was kann man tun, um die reifen zu lassen? Immer weiter den Augenblick ernten, seit zehn Jahren, das befreite Spiel der Kräfte zur eigentlichen Freiheit entfalten. Einen – um im Bild zu bleiben – zweiten Aufguss eines Stücks wird man bei TinaZAHRT also nie hören. Zumal nicht mal der erste wirklich Bestand hat, denn die Band sprengt – oder auch „begrinst“ – die Grenzen jedes Stücks im nächsten. Zwar ist das, wenn man sich durch die Live-Mitschnitte hört, nicht ganz so, es lassen sich schon Handschriften, rote Fäden und all das ausmachen. Doch erspürt man selbst in solchen „Konserven“ den in jedem Stück wieder neuen Aufbruch, das Spontane.

„Alles kann, nichts muss“, heißt das auf Dating-Portalen und gilt auch, wenn sich die Kiel-Hamburger Jazz-Größen zu ihren kaum geprobten Live-Acts zusammenfinden, um darin zusammen etwas zu finden. Wenn nicht sogar sich immer wieder neu zu erfinden – als Band, als Sound mitten im Jetzt. Dem Rezensenten des Debüts 2006 erschien das dennoch „wie komponiert“. Da wusste er noch nicht, von TinaZAHRT hat er es gelernt, dass Komposition nicht wie üblich ein „Davor“ und dann dem „nachgespielt“ sein muss, sondern im Augenblick entstehend durchaus „komponiert“ wirken kann. Um am Ende wieder zu vergehen, sich frei zu machen vom letzten Stück zur tabula-rasanten Freiheit des nächsten.

Das wird auch beim Jubiläumskonzert nicht anders sein, zu dem sich TinaZAHRT den Maultrommel-Performer Willi Voß und Leo Siberski, Kapellmeister am Theater Kiel, aber auch ein begnadeter Jazz-Trompeter, in den Blauen Engel eingeladen haben. Direkt an der Förde werden da nicht nur die Möwen zur Freiheit von und zu derselben flattern und auch mal „chaotisch“ kreischen.

Mittwoch, 10. Februar, 20.30 Uhr, Blauer Engel. Infos und Hörproben: www.tinazahrt.de