Safi kam mit ihrem Album „Janus“ ins Gaardener Medusa

Von Jörg Meyer

Kiel. „Das Album handelt von der Zersplitterung und zunehmenden Entgleisung der Welt, die uns umgibt“, kündigt die Leipziger Punk-Avantgardistin Safi manifesthaft ihren zweiten Silberling mit dem treffenden Titel „Janus“ an. Zusammen mit Bassist Matthias Becker und Frank Semmer an den zu den Gitarren und Elektro-Beats vergleichsweise zurückhaltenden Drums will Safi im Gaardener Medusa „Janus in Original-Lautstärke mit euch durchhören“.

Von solcher gibt es im „Wohnzimmer“ des Medusa voll auf die Ohren, was den elaborierten Songs mit ihren zugleich expressionistischen wie lakonischen Texten, bei denen es eigentlich auf jeden Hakenschlag der Worte ankommt, nicht immer gut bekommt. Aber so mutwilliges Entgleisen gegenüber dem Studio-Sound, wo Gitarren- und Text-Gewitter durchsichtiger miteinander wispern und donnern, gehört eben auch zur Strategie und Taktik, sich nicht eingemeinden zu lassen, weder in (eigene) Hörgewohnheiten, noch sonstiges Mainstream-Verstehen.

Genauso wie die anfängliche in aller Kürze auf den Punk-Punkt gebrachte Diagnose einer kaputten Gesellschaft bedeutet Art-Punk à la Safi live, dass frau die ohnehin nur leicht erhöhte Bühne meidet, und nicht vor dem, sondern in engstem Kontakt zum Publikum spielt. Das schafft Nähe und eine Unmittelbarkeit, die den Unterschied zwischen „denen da oben“ und denen „unten“ aufhebt – Gestalt gewordene Punk-Philosophie. Von Safis meist gesenktem und unter dem wehenden Haarschopf verdecktem Gesicht sehen wir entsprechend auch kaum etwas, denn sie tritt aus den Lichtkegeln der spärlichen Scheinwerfer in ihr Seelendunkles. Die Künstlerin verschwindet hinter ihrem Werk – (punk-) pathetisch gesprochen.

Umso düster leuchtender präsent ist ihre Stimme, die bei der Presse nicht von Ungefähr Vergleiche mit Nena und Nina Hagen evozierte. Da ist das Pop-Up des naiven Schreis ebenso wie das Abgründeln im tiefergelegten Timbre, wenn es an die Beschwörungsformeln geht: „Ich bin eine Ideologie und sage, wer ich bin und wo ich hin will. Ich verstecke mich in abgeordneter Haltung, ich beantworte die sukzessive Verwüstung“, heißt es zum Beispiel in „Golem“. Man kann sich dazu denken, was man will. Aber vor solchem gegenwärtigen Zustand der Demokratie darf man mit Safi Angst haben. Und gegen letztere mit ihr und ihren Kombattanten in deren Elektro- und Gitarrengewitter eingemeindet entgleisen.

Infos und Hörproben unter safimusic.com