Stadtgalerie Kiel zeigt Ausstellung „Der dritte Blick“

Von Hannes Hansen

Kiel. Sie sind Kinder der Nachwendegeneration, die neun zwischen 1977 und den späten achtziger Jahren in den DDR geborenen Fotografinnen und Fotografen, deren Arbeiten ab kommenden Samstag in der Kieler Stadtgalerie unter dem Titel „Der dritte Blick.  Fotografische Positionen einer Umbruchsgeneration“ zu sehen sind. Die mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur geförderte Ausstellung wurde vom Verein „Perspektive hoch drei e.V“ organisiert, einer Vereinigung von Frauen und Männern aus den Bereichen Fotografie, Film, Literatur, Politik- und Kulturwissenschaft, die sich „mit den Sichtweisen der so genannten Dritten Generation Ostdeutschland auf vergangene, gegenwärtige und zukünftige gesellschaftliche Fragen“ beschäftigen. Die Ausstellung wurde im vergangenen Jahr bereits im Berliner Willy-Brandt-Haus gezeigt.

Die, wie der Untertitel suggeriert, Angehörigen der gewissermaßen dritten Generation Ostdeutschland werfen einen jeweils ganz eigenen und völlig nostalgiefreien Blick auf das Land, in das sie geboren wurden, auf seine Vergangenheit und das, was kommt.

Sven Gatter, "Muldewiese"

Sven Gatter: „Muldewiese“

Sven Gatter zeigt Bilder der Goitzsche, eines Seengebietes bei Bitterfeld, ihrer Landschaft und Menschen und baulichen Hinterlassenschaften. Allein ein paar schäbige Reste scheinen an den ehemaligen Braunkohlentagebau zu erinnern. Auch auf Anne Heinleins geradezu idyllischen Waldbildern erkennt man nicht, dass hier, an der Grenze zur Bundesrepublik, einst Häuser standen, die die DDR restlos beseitigen ließ, um ein freies Schussfeld für ihre Truppen zu haben. Nur der Titel „Wüstung“ macht stutzig. Margret Hoppe präsentiert die Serie „Die verschwundenen Bilder“ – Leerstellen an Wänden und Häuserfassaden, wo einst Auftragskunst zu sehen war, und Marc Marquardt arbeitet mit Fotos verlassener Räume in Plattenbauten und DDR-typischen „Datschen“ ebenfalls seriell.

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Andreas Mühe: „Patrick III“

Andreas Mühe steckt für seine Porträts Freunde in verschiedene Kleidung – von T-Shirts bis hin zu Wehrmachtsuniformen und ironisiert mit großformatigen Fotos im heroischen Stil von Walter Frentz, eines Nazi-Foto-und-Film-Propagandisten, „Pinkelnde Nazis“ auf dem Obersalzberg. Julian Roeder hat aus Abu Dhabi beklemmende Bilder von einer Waffenmesse mitgebracht und inszeniert „Human Resources“. Dagegen bleibt Ina Schoenenburg ganz im privaten, familiären Umfeld. Luise Schröders „Arbeit am Mythos“ – Collagen aus mit Wasser, Bunsenbrennern oder Sandpapier bearbeiteten Fotos aus Bildbänden, mit denen sie an die Zerstörung Dresdens erinnert. Männliche Akte in gekünstelten Pinup-Posen schließlich zeigt Paula Winkler, „Centerfolds“ auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität.

Julian Roeder, "Ohne Titel" aus der Serie "Human Resources"

Julian Roeder: „Ohne Titel“ aus der Serie „Human Resources“

Ina Schoeenburg, ohne Titel

Ina Schoenenburg: „Ohne Titel“

Eine wichtige Ergänzung zu der von Sabine Weier kuratierten Ausstellung ist ein Film, in dem Dörte Grimm und Nadja Smith die an ihr beteiligten Künstler und Künstlerinnen porträtieren.

Stadtgalerie Kiel, „Der dritte Blick. Fotografische Positionen einer Umbruchsgeneration“. Eröffnung: Fr, 11.3., (ausnahmsweise um) 20 Uhr. Dauer: 12.3. – 8.5.2016. Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 10 – 17 Uhr; Do 10 – 19 Uhr; Sa, So 11 – 17 Uhr. 25.3. geschlossen; 27.3. und 28.3.: 11 – 17 Uhr; 1.5. und 5.5.: 11 – 17 Uhr. Katalog 5 Euro. Führungen: donnerstags 17 Uhr und nach Vereinbarung. Am Samstag, 12. März, führen Mitglieder des Berliner Vereins Perspektive hoch 3 e.V. durch die Ausstellung.