Feline and Strange inszenierten in der Räucherei ihre Steam-Punk-Oper

Von Jörg Meyer

Kiel. Selbst ernannte Aliens sind auf der Startrampe des Raumschiffs, das auf der Erde landet, um sie und die dort eventuell vorhandene Zivilisation vor dem Untergang zu retten. Und logisch geht das schief – außer in der Sphäre der Kunst.

Die Berliner opern-geschulte Koloratur-Mezzosopranistin Feline Lang und ihre Strangers – Christoph Klemke am E-Cello, Bassist Marc André Haller sowie als Gast der texanische Drummer John Fernandez – inszenieren rund um die beiden neuesten Konzept-Alben „Lies“ und „Truths“ eine Punk-Oper über vom Himmel Gesandte, die auf Erden und unter den Menschen „nicht von dieser Welt, fremd und fehl am Platz“ sind. Vielleicht, weil sie sich dort so roboterhaft wie Kraftwerk bewegen, angetrieben von poppigen Elektro-Beats wie einst jene.

Art-Punk ist also angesagt in der Räucherei, in die sich am Freitag nur wenige Zuhörer wagten. Das somit übersichtliche Publikum begeistern die Aliens und deren melodramatische Front-Frau mit ihren Arien dennoch. Feline ist eine Kunstgestalt, verpackt in Leder-Korsett und schwarz-seidenen Rüschenrock, virtuos tanz-performend auf der Bühne (sie war mal Tango-Sängerin) und auf den Tasten des E-Pianos. Die expressionistischen Texte und Rollen ihrer Songs über trügerische Lebenslügen und philosophische Wahrheiten, die ineinander übergehen, changieren hoch poetisch zwischen Bad Girl und eleganter Femme fatale, pinkem „Lonely Girl“ und tiefschwarzer Hexe mit Raubtiergeste und geballten Fäusten im garstigen „Gettin’ Angry“.

Zwischen solchen Widersprüchen scheint auch die Welt zerrissen, welche die Aliens in ihren symphonisch angelegten Arien besingen. „Menschen sind seltsam, sie töten einander“, beobachtet Feline, bevor sie „All Is Well“ anstimmt, in dem natürlich alles nicht „gut“, sondern gänzlich aus dem Lot ist. Auftrag der Aliens also: „Euch ausrotten, solange ihr nicht zu den Sternen greift!“ Dante, Brecht und Weill hätten solches Unter- oder auch Über-Welttheater nicht besser dichten und komponieren können.

Doch das unzweifelhafte Chaos in den Städten („The City“) wie in den „Patchwork-Beziehungen“ („Uh, I’m So Sorry“) wird so arios besungen, dass die Aliens vor dem Ende, wenn sie von ihrem Raumschiff wieder abgeholt werden von „diesem dreckigen Planeten“, ein Einsehen haben: In rockigen Cello-Kantilenen, lustvollem Cabaret-Pop und walkürischen Arien wird die Welt doch noch gerettet – mit dem einzig dazu Möglichen, nämlich der Kunst.

Infos und Hörproben: www.felineandstrange.com