Beim Nouruz Festival im ausverkauften KulturForum wurde das neue Jahr mit iranischer Kultur gefeiert
Von Jörg Meyer
Kiel. „Seid ihr bereit, frei zu sein und zu tanzen?“, fragt die kleine Mino in den bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Saal des KulturForums. Solche Aufforderung zum Tanz lässt sich dort niemand zweimal sagen, wenn das Shanbehzahdeh Ensemble und DJ Namito südiranische Musik und elektronische Trance-Beats zu einem magischen Groove verschmelzen lassen, der die Menschen im ausgelassenen Tanz vereint.
Tradititionell wird im Iran und vielen anderen Ländern des Orients der Frühlingsbeginn mit dem Neujahrsfest Nouruz gefeiert – am Donnerstag auf Einladung des ZBBS e.V. in der Reihe „The Unique Face of Iran“ auch in Kiel. Wie der „deutsch-iranische Weltbürger“ Nami Tabari in einem Vortrag erläutert, ist Nouruz aber nicht nur ein Fest des Frühlings, sondern auch „der Freiheit und Toleranz, das über alle Religionen und Nationalitäten hinweg die Menschen verbindet“. Es sei damit gerade in den heutigen Zeiten von Kriegen, vor denen Millionen auf der Flucht sind, ein „Fanal für Freiheit, Frieden und Harmonie“. Diese politische Botschaft des Nouruz unterstreichen auch drei Kurzfilme, die das Festival im KulturForum einleiten. In „Untying the Knot“ des im Iran verfolgten Regisseurs Jafar Panahi versucht ein Teppichhändler, seine Ware an den Mann zu bringen und obsiegt dabei mit Schalk und Freundlichkeit über eine kafkaeske Bürokratie. Die Wahrheit siegt auch in „2+2=5“ von Jorge Carrascosa, wo ein Schuljunge sein Beharren auf der richtigen Lösung „4“ zwar mit dem Leben bezahlen muss, aber dennoch die Lügner bezwingt.
Von Freiheit und Wahrheit singt ebenso der iranische Singer/Songwriter Bahram Zandi in seinen poetischen Liedern, bevor nicht minder poetisch das Ensemble Sahar Meshki eigens für diesen Abend einstudierte Folkloretänze auf die Bühne bringt. Die drei Tänzerinnen stellen iranische Nouruz-Bräuche mit harmonisch kreisenden Bewegungen und wehenden Tüchern dar und erzeugen damit erste Begeisterungsstürme im noch bestuhlten KulturForum. Das wird in der Pause, während sich vor dem Büffet mit iranischen Köstlichkeiten lange Schlangen bilden, zur freien Tanzfläche umgebaut.
Denn jetzt rührt Naghib Shanbehzadeh Tabla, Tombak und andere Trommeln, und sein Vater Saeid bläst die Sackpfeife Neyanban auf, um ihr schwirrende Loops zu entlocken. Das um eine weitere Trommlerin und Sängerin ergänzte Ensemble macht seit 1990 die traditionelle Musik der südiranischen Provinz Bushehr weltweit bekannt und hat zusammen mit dem Elektro-DJ Namito einen ganz eigenen, orientalische und okzidentale (Pop-) Kulturen verbindenden Stil entwickelt. „Yalalala!“ ertönt der Frühlingsruf und wird vom Publikum, das auch in Saeid Shanbehzadehs Lieder im Wechselgesang einstimmt, sofort aufgenommen.
Ruhepausen für die wirbelnden Beine und Arme gibt es kaum. Denn auch wenn die Musik mit Saeid an Saxofon oder der sonoren Ney mal psychedelischer fließt, birgt sie jenen pulsierenden Groove des Lebens, der nur kurz schlummert, um dann umso energiegeladener den Frühling in der Freiheit des Tanzes zu feiern.
26. März 2016 um 11:37
Wie schön