Von Klassikern bis Uraufführungen:
Vielfältige Pläne des Theaters Kiel für die Spielzeit 2016/17

Von Christoph Munk

Kiel. „Vielfältig“ heißt der programmatisch griffigste Begriff, mit dem das Programm der kommenden Spielzeit 2016/17 am Theater Kiel zu beschreiben ist. Offenbar hält sich Generalintendant Daniel Karasek bei der Planung für alle Sparten seines Hauses an den Ratschlag von Goethes Theaterdirektor: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen; und jeder geht zufrieden aus dem Haus.“ Ein altes Rezept also, das auch heute noch Erfolge verspricht.

Machen Pläne für die kommende Spielzeit (v. li.): Daniel Karasek, Jörn Sturm (Kaufmännischer Direktor), Astrid Großgasteiger), Yaroslav Ivanenko und Heather Jurgensen (Ballett), GMD Georg Fritzsch, Operndirektor Reinhard Linden. (Foto Olaf Struck)

Machen Pläne für die kommende Spielzeit (v. li.): Daniel Karasek, Jörn Sturm (Kaufmännischer Direktor), Astrid Großgasteiger (Theater im Werftpark), Yaroslav Ivanenko und Heather Jurgensen (Ballett), GMD Georg Fritzsch, Operndirektor Reinhard Linden (Fotos: Olaf Struck)

Klartext vorab: Ein Spielplan, der auf Vielfalt setzt, lässt konzeptionelle Grundsätze nur schwer erkennen. Zwischen den Highlights „Die Hugenotten“ und der Leclair-Oper stilisiert sich die Rossini-Multimedia-Version zum Event. Dazwischen: Routine. Das Schauspiel signalisiert zu Saisonbeginn Solidität und wagt sich ans Zeitgenössische erst zum Saisonfinale oder handelt es im Studio ab. So werden Risiken vermieden, die sich Karasek durchaus leisten könnte. Aufregung verspricht das Theater im Werftpark dank seiner neuen Leiterin.

Die Oper: Drei Kieler Erstaufführungen

Das Opernhaus beginnt die Saison am 24. September mit einem Großereignis: Giacomo Meyerbeers Grand Opera „Die Hugenotten“. Das riesig dimensionierte Werk, meistgespielter Titel des 19. Jahrhunderts und Ideendrama um Glaubenskämpfe im Frankreich des 16. Jahrhunderts, wird erstmals in Kiel gespielt. Danach folgt mit „Rigoletto“ am 9. Oktober ein absoluter Hit, der nach „La Traviata“ und „Der Troubadour“ das populäre Dreigestirn aus Verdis erfolgreicher, mittlerer Schaffensperiode komplettiert. Die Musical-Position besetzt ab 10. Dezember Andrew Lloyd Webbers „Evita“ mit Heike Wittlieb in der Titelrolle, inszeniert von der Genre-Spezialistin Ricarda Ludigkeit, die das Kieler Publikum in der gegenwärtigen Spielzeit mit „My Fair Lady“ (Wiederaufnahme: 25. November) entzückt.

Schmieden mit „Siegfried" weiter an Wagners „Ring": Daniel Karasek und GMD Georg Fritzsch. (Foto Struck)

Schmieden mit „Siegfried“ weiter an Wagners „Ring“: Daniel Karasek (r.) und GMD Georg Fritzsch

Im neuen Jahr erlebt am 28. Januar die gemeinsam mit dem Theater Lübeck produzierte Fassung der Rossini-Oper „Die Reise nach Reims“ als Comic-Experiment ihre Kieler Erstaufführung. Karasek und Generalmusikdirektor Georg Fritzsch werden ab 11. März ihren Kieler Zyklus von Wagners „Der Ring des Nibelungen“ mit „Siegfried“ fortsetzen; diesmal übernimmt die japanische Künstlerin Chiharu Shoita das Bühnenbild, das (wie bei „Tristan und Isolde“, 2014) eher einer Rauminstallation gleichen wird und voraussichtlich zum Märchen-Konzept passen wird, wie es Cordula Engelbert, die Dramaturgin des Musiktheaters, andeutete.

Wieder im Spielplan ist mit Jean-Marie Leclairs „Skylla und Glaukos“ das Genre der Barockoper, erneut (wie bei „Atys“) gestaltet von Lucinda Childs (Regie) und Paris Mexis (Bühnenbild). Die dritte Kieler Erstaufführung ist sogar eine Uraufführung: Bernd Wildens „Marina“ nach der Märchenfigur „Die kleine Seejungfrau“ entsteht für die Jugendakademien des Theaters und soll am 18. Juni 2017 im Schauspielhaus herauskommen. Und wenig später, im hohen Sommer, soll sich der Rathausplatz wieder in eine Opernbühne unter freiem Himmel verwandeln. Der Titel wird noch als Geheimnis gehandelt.

Spielplan 2016/17: Oper

Ballett: Spagat zwischen Tradition und Moderne

Verantwortlich für das Ballett: Heather Jurgensen und Yaroslav Ivanenko.

Verantwortlich für das Ballett: Heather Jurgensen und Yaroslav Ivanenko

Mit seiner Choreografie von Léo Delibes’ „Coppélia“ belebt Ballett-Chef Yaroslav Ivanenko ab 5. November einen Klassiker. Als heutiges Gegenstück dazu kommt am 8. April ein Tanzabend mit der Musik der Beatles heraus, den der aus München stammende, international erfahrene Choreograf Can Arslan gestalten wird. Den „Jungen Choreografen“ werden ab 14. Juli in der Neuen Salzhalle sechs, statt bisher drei Termine eingeräumt. Und über die ganze Spielzeit verteilt Ivanenko seine Tschaikowsky-Trilogie mit „Dornröschen“, „Der Nussknacker“ und „Schwanensee“.

Spielplan 2016/17: Ballett

Schauspiel: Bewährtes neben Neuentdeckungen

Die angekündigte Vielfalt im Sprechtheater wird in der ersten Spielzeithälfte durch bewährte Titel abgestützt: Shakespeares „Das Wintermärchen“ ab 7. Oktober in der Regie von Daniel Karasek und dem Bühnenraum von Chiharu Shiota, „Die Glasmenagerie“ von Tennessee Williams ab 21. Oktober, inszeniert von Ulrike Maack, und das Männer-Strip-Musical „The Full Monty – Ganz oder gar nicht“, das Ingo Putz ab 2. Dezember in Schwung bringen soll. Lange nicht in Kiel gespielt und wieder neu befragt: Jean-Paul Sartres Polit-Thriller „Die schmutzigen Hände“ wird in der Regie von Dariusch Yazdkhasti ab 20. Januar zu sehen sein; als ewig aktuell gilt Ödön von Horváths Jahrmarkts-Stück „Kasimir und Karoline“, das Regisseurin Annette Pullen am 3. März herausbringt. Mit Dea Lohers „Unschuld“, von Malte Kreutzfeldt für die Premiere am 22. April 2017 vorbereitet, und mit Yasmina Rezas bissiger Komödie „Dreimal Leben“, die unter der Regie von Siegfried Bühr am 2.Juni 2017 Premiere haben soll, ist der Spielplan des Schauspiels bei der Gegenwartsdramatik angekommen.

Die Schauspieldramaturgie: Jens Paulsen (li.), Annika Hartman, Jens Raschke.

Die Schauspieldramaturgie: Jens Paulsen (li.), Annika Hartman, Jens Raschke.

Darauf konzentriert sich von Beginn an das Programm im Studio: Der amerikanische Dramatiker Georg Brant hat mit „Am Boden“ einen fesselnden Monolog für eine Schauspielerin geschrieben, der am 9. Oktober herauskommt; der schwedisch-tunesische Schriftsteller Jonas Hassem Khemiri berührt und überschreitet mit dem Stück „Ich rufe meine Brüder“, Premiere am 22. Januar, die Grenze zwischen Realität und Phantasie. Sein erstes Werk für das Kieler Schauspiel schreibt der mit etlichen Stücken für das Theater im Werftpark erfolgreiche Autor und Dramaturg Jens Raschke: „Hamsterblut“, geplante Premiere am 5. März 2017, führt in die Welt der Patientendarsteller, eingebildeter Kranker auf Honorarbasis im Dienste der medizinischen Ausbildung. In der Vorweihnachtszeit wird ab 19. November im Opernhaus das Grimm-Märchen „Aschenputtel“ gezeigt.

Spielplan 2016/17: Schauspiel und Studio

Theater im Werftpark: Neue Leitung, neues Programm

Voller Pläne: Astrid Großgasteiger, die neue Leiterin im Theater im Werftpark.

Voller Pläne: Astrid Großgasteiger, die neue Leiterin im Theater im Werftpark.

Mit voller Kraft, einem neuen Ensemble, frischem Elan und großem Programm steigt Astrid Großgasteiger in ihr Amt als Leiterin des Theaters im Werftpark. Sie kündigt an, nicht nur das Foyer des Gebäudes im Gaardener Volkspark umzugestalten, sondern will auch eine neue, kleine Spielstätte schaffen, den Park als Open-Air-Bühne erobern und Themenwochen anbieten. Ihre Stückauswahl wendet sich an alle Altersgruppen und verarbeitet klassische Stoffe wie „Odyssee“ oder „Don Quijote“, bekannte Titel wie „Karlsson vom Dach“ oder „Die Schatzinsel“ und kündigt zwei Uraufführungen an.

Spielplan 2016/17: Theater im Werftpark