Rund 6.000 Fans hielten der umstrittenen Deutschrock-Band Frei.Wild
in der Sparkassenarena die unbedingte Treue

Von Jörg Meyer

Kiel. Der Ton macht die Musik. Und auch wenn die jüngst mit dem ECHO ausgezeichnete Südtiroler Deutschrock-Band Frei.Wild bei ihrem „Opposition Xtreme“-Konzert in der Sparkassenarena auf manche allzu offensichtlich als „rechtsoffen“ kritisierbare Songs verzichtet, an ihrer „Opfer-Rolle“ als zu unrecht von „linken Gutmenschen“ Verfemte hält sie untertönig fest – und begeistert gerade damit ihre Fans.

Der Ton macht die Musik. Selbst wo man ihn nur aus unbewusstem Ressentiment anschlägt, kann er sich zu einem gespenstisch aufbrausenden „Pfui!“ aus rund 6000 Kehlen verdichten, wenn Sänger Phillip Burger auf „die Demo da draußen“ (gerade mal 150 AntifaschistInnen) verweist, die der Band und somit auch ihren Fans am Zeuge flicken wolle. „Was ich will, das kann ich schwören, ist nicht extrem. Doch ich habe irgendwann mal kapiert, wir werden alle manipuliert … Zu Kreuze kriechen wirst du dennoch nicht … nicht vor denen. Wir werden die Wahrheit abfeuern“, hieß es eben in „LUAA Rock’N’Opposition“, jede Zeile frenetisch mitskandiert von den textsicheren Fans. Die „Feinde deiner Feinde“ sind ausgemacht, sie stehen links – man selbst aber natürlich nicht rechts.

Frei.Wild 2013 (Quelle: Wikipedia)

Frei.Wild 2013 (Quelle: Wikipedia)

Vielmehr in einer der „Querfronten“, welche die Neue Rechte, PegIdA und AfD durch das längst nicht mehr gültige Rechts-Links-Schema pflügen. Die globalisierte Welt ist unübersichtlich geworden, und so hält man sich an einem vermeintlich sicheren, harmonisierenden Begriff wie Heimat fest, zumal wenn man sich selbst irgendwie zu kurz gekommen und an den (rechten) Rand gestellt fühlt. „Südtirol“ ist so ein Song, der trotz hahnebüchener Hymne auf „stolze Berge“ und „grüne Wiesen“ selbst bei Norddeutschen mitsingenden Anklang findet. Dass Heimat hier alles Fremde ausgrenzt, versteht das verletzte Gemüt nicht. Warum dürfen wir nicht auch, was alle sonst in der Welt dürfen?

„Hab keine Angst“, dich so zu bekennen, rufen Frei.Wild ihrer „Familie“ zu, die nicht rechts, geschweige rechtsextrem ist – noch nicht. Allenfalls naiv, denn hinter markigen T-Shirt-Aufdrucken wie „SIEGER stehen da auf, wo VERLIERER liegen bleiben!“ verbrüdern „Milchbubis“ sich zur Masse, in der sich das nach „Identität“ suchende Individuum auflöst. Frei.Wild sind dabei authentisch, sie sprechen die Sprache der Suchenden. Sie sind keine Rattenfänger, aber machen auch nicht immun gegen solche.

So feiert man ab, pogot, nicht wissend, was Pogo und Punk mal bedeuteten, „rauft und säuft“. Indem das so Jugendliche sturm- und drängend ist, ist es auch gefährdet, eingemeindet zu werden. Nicht von Frei.Wild, sondern von anderen, denen erstere Türen und Tore weit öffnen. Gegen „Lügen! Lügen! Lügen!“ skandiert das Publikum, weiß aber nicht, wer lügt. Im Zweifel die „Lügenpresse“? Dass er nicht zu der gehört, verspricht der Rezensent einem jungen Fan in die Hand. Denn „die Wahrheit“ hat niemand gepachtet, Frei.Wild, seine Fans und wohl auch deren Kritiker nicht.

Ihre Songtexte dokumentieren Frei.Wild unter http://songs.frei-wild.net. Lesenswert, um sich eine eigene Meinung dazu zu bilden.