Bernhard Schwichtenberg wird im Brunswiker Pavillon mit einer Ausstellung zum Landeskunstpreis geehrt

Von Christoph Munk

Kiel. Wer bei seiner Ausstellungseröffnung den Ministerpräsidenten zu einem Grußwort bitten darf; wer sich darin auch noch bescheinigen lassen kann, er „habe mit seinen künstlerischen Interventionen den Norden aufgemischt“, braucht sich um allerhöchste Anerkennung nicht zu sorgen. Der Künstler Bernhard Schwichtenberg hat sich so viel Respekt verdient und darf mit berechtigtem Stolz („mein Gott, wer alles hier ist!“) beobachten, wie sich im Brunswiker Pavillon das Volk der Bewunderer um ihn drängt. Der Anlass: die nachgeholte Ehrung des Landesschau-Siegers 2014.

Preisträger der Landeschef 2014: Bernhard Schwichtenberg (Foto fpr)

Preisträger der Landeschesschau 2014: Bernhard Schwichtenberg (Foto: fpr)

Zuerst nannte Monika Rathlev, die Landesvorsitzende des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK), den Pavillon „Bernhards Wohnzimmer“. Sie spielte damit darauf an, dass Schwichtenberg den SH-Landesverband zwölf Jahre (1993-2005) geleitet hat. Dann ging Torsten Albig noch weiter und würdigte den Ausgestellten als „engagierten Lobbyisten der Kunst in Schleswig-Holstein“. Er erinnerte damit daran, dass Schwichtenberg sich in zahlreichen Gremien (irgendwann einmal von ihm selbst geschätzt: über 20) seine Überzeugungskraft und sein Verhandlungsgeschick für die Belange seiner Profession eingesetzt hat. Endlich präsentierte und interpretierte der Kunsthistoriker Jens Michael Neumann das Schwichtenberg’sche Oeuvre in seiner ganzen Vielfalt und seinem Hintersinn.

„Neugierig, offen, unangepasst, jung und rebellisch“ nannte Albig den inzwischen 77-jährigen Künstler und gipfelte seine Charakterisierung mit der Formulierung „positiv bekloppt“. In dieser Anerkennung des Politikers offenbart sich, dass der Kreative als willkommener Unruhestifter, aber offensichtlich nicht als lästiger Störenfried erlebt wird. Schließlich gehört er gewissermaßen zum Stall, spätestens seit er einen Wahlkampf für Björn Engholm gestaltet hatte. Und schließlich übernahm Schwichtenberg nicht nur Ehrenämter, sondern auch pädagogische Verantwortung für den Nachwuchs, denn er lehrte bis 2004 an der Muthesius-Werkschule, später Muthesius Kunsthochschule, rund 40 Jahre lang, seit 1978 als Professor für Grafik Design 3 D. Er war dort Prodekan und Dekan, und die Verleihung des Kulturpreises der Stadt Kiel war 2012 mehr als überfällig.

Kinetische Installation „Pax optima rerum" (Foto mu)

Schwichtenberg: Kinetische Installation „Pax optima rerum“ (Foto: mu)

Die gesellschaftliche Rolle, die der Künstler Bernhard Schwichtenberg mit seinen Arbeiten ausfüllt, ist die des gewitzten Aufklärers. Ob mit seinen Blindprägungen auf Büttenpapier oder den Objekten hinter Japanpapier, immer wird hinter einer ästhetischen Oberfläche ein kritischer Blick auf die Wirklichkeit erkennbar. Und so verspielt und dekorativ Schwichtenbergs Objekte – mögen es die alljährlich produzierten weihnachtlichen Drahtgebilde sein oder die größeren Schaustücke wie die multimediale „Schrottkarre“ und die kinetische Installation „Pax optima rerum“ – immer bleibt ihr Schöpfer nicht nur der begnadet einfallsreiche Modellbauer, sondern ein energischer Mahner, der mit Bitterkeit Missstände anprangert: materiellen Überfluss etwa, Umweltverschmutzung, Armut, Hunger, die Abwesenheit des Friedens. Da reicht Schwichtenbergs Beobachtung vom Kleinen bis in die Weltgröße.

Zur Zeit nur als Foto bunt hinterGlas zu sehen: Lichtobjekt "Modell 264 Neon" (Foto mu

Zur Zeit nur als Foto bunt hinterGlas zu sehen: Lichtobjekt „Modell 264 Neon“ (Foto: mu)

Bernhard Schwichtenberg hat sich in Stadt und Land höchsten Respekt und bleibende Anerkennung erworben. Und doch musste auch er schmerzliche Niederlagen hinnehmen. Davon erzählen einige Tafeln, fast versteckt in einer abseitigen Ecke des Pavillons. In Bild und Schrift dokumentiert der Künstler dort das schnöde Schicksal zweier seiner Kunstwerke, die einst öffentliche Wege schmückten. „Modell 10“, das bespielbare über 5 Meter hohe Lichtobjekt im Holstentörn, wurde widerrechtlich und teilweise durch ein Versäumnis der städtischen Kulturverwaltung vernichtet; für „Modell 264 Neon“, als Ersatz jahrelang am Eingang der ehemaligen Stadtgalerie im Sophienhof platziert, wurde es versäumt, nach dem Umzug der Galerie in das Neue Rathaus einen geeigneten Platz einzurichten. Nun fragt Schwichtenberg, wie lange er als Kulturpreisträger warten muss, bis eines der einst bundesweit beachteten Objekte wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Und auch die Öffentlichkeit erwartet darauf eine Antwort. Die prachtvolle Ausstellung im Brunswiker Pavillon sollte dafür nicht als Ausrede dienen. Ja, Kiels Kulturdezernent war zur Eröffnung präsent.

Info: bbk-schleswig-holstein.de