Der Skandinavist und Übersetzer Wolfgang Butt würdigte im Literaturhaus Henning Mankell

Von Kai Uwe Jürgens

Kiel. Nein, ein eigenes Buch hatte er nicht mitgebracht – wohl aber ein Manuskript, das allerlei Gedanken zu seinem Thema enthielt. Wolfgang Butt (Jg. 1937), Übersetzer, Wissenschaftler und eigenem Bekenntnis nach ein „ambulanter Skandinavist“, war im Literaturhaus zu Gast, um „Henning Mankell und andere“ aus literarischer und politischer Sicht zu würdigen. Dass dabei der berühmte Erfinder von Kommissar Wallander den unbestrittenen Dreh- und Angelpunkt abgab, erstaunte niemanden.

Wolfgang Butt (Foto: privat)

Wolfgang Butt (Foto: privat)

Tatsächlich hat Wolfgang Butt auch Arne Dahl, Per Olov Enquist, David Lagercrantz und viele andere übersetzt. Doch ausgerechnet zu Henning Mankell (1948–2015) ist er rein zufällig gekommen. 1996 – zu diesem Zeitpunkt lehrte Butt noch an der Kieler Universität – wurde er um ein Gutachten zu dem Wallander-Roman Die fünfte Frau“ gebeten. Butt, der in Krimis immer eine „relevante Form von Literatur“ gesehen hatte („nicht per se, es kommt darauf an, was man daraus macht“), willigte ein – und kam von dem Buch während einer Schiffsreise nicht mehr los. Von einer englischen Telefonzelle aus („ich hatte die Hosentasche voller Münzen“) empfahl er seiner Lektorin dringend, das Buch anzunehmen, und reichte das Gutachten nach. Butt las dann aus dem Papier, das unterdessen direkt historische Bedeutung hat, sollte es doch einem der bekanntesten Krimiautoren überhaupt zu einem dauerhaften Verlagskontakt in Deutschland verhelfen – zumal Butt aus dem Erfolg der Wallander-Krimis kaum herauszurechnen ist. Augenzwinkernd merkte er an, es sei dann ja auch „kein Fehler“ gewesen, „den Mankell zu bringen“.

Doch wovon erzählt der schwedische Autor eigentlich? Butt sieht in dessen Werk vor allem ein Plädoyer für die persönliche Würde und dafür, sich bei Bedarf zur Wehr zu setzen. Die Frage „Was heißt es, ein Mensch zu sein?“ sei ein zentraler Aspekt von Mankells politischer Existenz gewesen, der sich selbst als Sozialist verstand und auch entsprechend handelte: „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität waren wesentlich für ihn.“ Mankell engagierte sich leidenschaftlich für Afrika. Er lebte sechs Monate im Jahr in Mosambik, wo er Straßenkindern half, ein SOS-Kinderdorf unterstützte und ehrenamtlich einem Theater vorstand, in dem er bisweilen auch Regie führte. Zudem spielen mehrere seiner sozialkritischen Romane in Afrika.

Die Finanzierung dieser Bücher und Projekte ist vor allem dem Erfolg von Kurt Wallander zu verdanken, meinte Butt. Hier sei auch der Grund für die bisweilen überbordende „Mankell-Industrie“ zu sehen, da Geld für engagierte Vorhaben benötigt wurde. Tatsächlich hat Mankell überall und fortwährend geschrieben, meist an mehreren Büchern gleichzeitig, was seinem deutschen Verlag durchaus Schwierigkeiten bereitete, „wenn statt des angekündigten Manuskripts ein ganz anderes kam“.

Trotz der zwanzigjährigen Zusammenarbeit sind sich Butt und Mankell nur ein einziges Mal begegnet: 2001 während einer Taxifahrt in Hamburg, wobei es ausschließlich um berufliche Dinge ging. Trotzdem war der Kontakt ausgezeichnet – jede Anfrage per E-Mail sei umgehend beantwortet worden („ich kenne auch Fälle, wo dies zwei Jahre dauert“). Womit der Abend mit einer Kurzlesung aus Mankells letztem Buch Treibsand: Was es heißt, ein Mensch zu sein“ (Zsolnay, 384 S., € 24,90) zu Ende ging.