Peter Grisebach und sein Team am Landestheater SH präsentieren ein pralles Programm für die Saison 2016/17
Von Christoph Munk
Rendsburg. Ungeachtet der auf Seite der Gesellschafter unsicheren Finanzsituation geht das Schleswig-Holsteinische Landestheater voller Elan und künstlerischem Optimismus in die kommende Spielzeit 2016/17. Am 24. Mai wird der Amtssitz der Theater-GmbH offiziell in Rendsburg etabliert, doch Generalintendant Peter Grisebach stellte –gewissermaßen im Vorgriff – dort schon mal die Pläne für nächste Zukunft vor. In uneingeschränkter Fülle wird ein Repertoire von drei Opern, je einem Musical und einer Operette, zwei Balletten, zehn Schauspielproduktionen, acht Sinfoniekonzerten und dazu zahlreichen Kinder-, Jugend und Sonderprogrammen vorbereitet.
Seitdem das angestammte Haus am Schleswiger Lollfuß nicht mehr bespielt werden kann, sorgt vor allem die Kulturpolitik in der Schlei-Stadt für unsichere Aussichten. Die Frage nach der Zukunft der Theater-GmbH beantwortete Peter Grisebach mit der Formel „Hängepartie unter positiven Vorzeichen“. Solange die Pläne, den Gebäudekomplex „Heimat“ auf dem ehemaligen Kasernengelände „Die Freiheit“ in eine neue Spielstätte zu verwandeln, realisierbar erscheinen, scheint die Existenz des Landestheaters bis zum Jahre 2030 gesichert. Angesichts einer positiven Entwicklung könnten auch die Kreise Dithmarschen und Schleswig/Flensburg von ihren Kündigungen als Gesellschafter Abstand nehmen, schätzt Grisebach die Situation ein: „Insofern blicken jetzt alle nach Schleswig.“
Vorerst aber steht der Umzug der Intendanz und Verwaltung von Schleswig nach Rendsburg an. Dort werden künftig alle Schauspielproduktionen erarbeitet, mit Werkstätten an einem Ort, also „noch konzentrierter und damit effektiver, sozusagen in einem Arbeitsprozess Wand an Wand“. Dazu kommt ein neues Probengebäude in unmittelbarer Nähe des Theaters. Rendsburg und Schleswig wechseln sich aber auch künftig mit den Sprechtheater-Premieren ab.
Das Musiktheater bringt wie gewohnt seine Produktionen zuerst im Großen Haus in Flensburg. Dort beginnt die Spielzeit am 24. September mit der populären „Carmen“ von Georges Bizet (in deutsch gesungener Fassung). Auch die letzte Produktion hat eine reizvolle Frauenfigur im Mittelpunkt: „Lulu“ von Alban Berg (Premiere: 13. Mai 2017). Das Musical „West Side Story“ von Leonard Bernstein (ab 3. Dezember) dürfte sich ebenso gut verkaufen wie die Operette „Die lustige Witwe“ von Franz Lehár (ab 4. März). Korrespondierend zu Schillers historischem Drama kommt mit Donizettis „Maria Stuarda“ (ab 14. Januar) eine selten gespielte Belcanto-Oper ins Repertoire.
Ballettdirektorin Katharina Torwesten wird zwei ganz unterschiedliche, wenn auch populäre literarische Vorlagen choreografieren: Tolstois „Anna Karenina“ (Premiere: 15. Oktober) und „Das Dschungelbuch“ vom Rudyard Kipling, das vor allem auch für ein jüngeres Publikum gedacht ist.
Mit viel Optimismus und erwartungsvoller Überzeugungskraft stellte gestern Schauspieldirektor Wolfram Apprich den Spielplan des Sprechtheaters vor, den er „geil, pompös und mit breiten Beinen aufgestellt“ nannte. Er beginnt mit zwei zeitgenössischen Titeln: „Eine Familie“ von Tracy Letts (10. September, Rendsburg) und „Supergute Tage“ von Simon Stephens nach Mark Haddon (11. September, Schleswig). Neben Shakespeares großer Tragödie „Othello“ (22. Oktober, Rendsburg) steht die kleine französische Komödie „Dinner für Spinner“ (23. Oktober, Schleswig) im Programm. Noch in diesem Jahr kommt als Schauspiel mit Musik „Nosferatu – Der doppelte Vampir“ nach dem Film von Friedrich W. Murnau und Bram Stokers Roman „Dracula“ heraus (Premiere: 10. Dezember, Rendsburg).
Im neuen Jahr folgen dann mit Alfred de Mussets „Man spielt nicht mir der Liebe“ (21. Januar, Rendsburg) eine Rarität und mit Dostojewskis „Schuld und Sühne“ (22. Januar, Schleswig) die Dramatisierung eines weltbekannten Romans. Ein „theatrales Familienalbum“ kommt mit dem finnischen Stück „Eisbilder“ (2. März, Rendsburg) von Kristian Smeds ins Programm. Ein Klassiker, Kleists „Käthchen von Heilbronn“ (11. März, Rendsburg), und ein Klassiker der Moderne, „Hexenjagd“ von Arthur Miller (30. April, Schleswig), runden das Angebot des Schauspiels ab.
„Wir können sagen, dass fast jede dritte verkaufte Karte an Kinder oder Jugendliche geht“, ist Generalintendant Peter Grisebach auf die Akzeptanz seines Theaterangebots bei der jungen Generation stolz. Dafür sorgen nicht zuletzt zwei neue Kinderstücke: „Hexe Hillary und der beleidigte Kontrabass“ (ab 16. Oktober, Flensburg) und „Peter Pan und Wendy“ (ab 8. November, Rendsburg). Ergänzt wird Das Angebot durch das mobile Klassenzimmerstück „Pro An(n)a“ und drei neue Produktionen im Puppentheater. „Was die Jugend angeht, sind wir absolut zuversichtlich“, sagt darum Schauspieldirektor Wolfram Apprich und äußert Hoffnung, künftig eine eigene Sparte etablieren zu können.
Ähnlich optimistisch schätzte Generalmusikdirektor Peter Sommerer bei der Vorstellung seines umfangreichen Programms die Chance bei seinem jungen Publikum ein: Überragend sei die Resonanz auf das erste Baby-Konzert ausgefallen, das neu gegründete Jugendorchester des Landestheaters erfahre Zuspruch aus allen Landesteilen, und der Kinder- und Jugendchor werde im Rahmen des 6. Sinfoniekonzerts an den fünf Aufführungen der „Carmina Burana“ im April mitwirken. Es sei ein Ziel des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters, die kommende Generation für seine Arbeit zu begeistern, sagte Peter Grisebach zum Abschluss. Sonst werde es noch schwerer, bei den nachwachsenden politischen Entscheidern Verständnis für Theater zu finden.
Info: www.sh-landestheater.de
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