Gerhard Schöne, das Duo Saxophon & Orgel und Buddy MacDonald bei folkBALTICA in der Konzertkirche St. Jürgen
Von Jörg Meyer
Gettorf. Sie kommen von zwei Seiten des Atlantiks und überbrücken diesen doch mit ihren ganz unterschiedlichen Liedermachertraditionen: der Kanadier mit schottischen Wurzeln Buddy MacDonald und der aus der DDR stammende Liedermacher Gerhard Schöne mit seinen Kombattanten, dem Duo Saxophon & Orgel. Beim Doppelkonzert im Rahmen der folkBALTICA in der Konzertkirche St. Jürgen begeisterten sie das Publikum mit ihren Liedern und regten es zum Mitsingen und -machen an.
Für solches ist Buddy MacDonald bekannt. Kein Wunder, die Refrains seiner Folk-Songs sind so eingängig, dass man einfach mit muss. Wohl auch, weil MacDonalds Lieder „Lebenszeichen“ (so das Motto des Konzerts) sind, buchstäblich das Leben in Kanadas Osten, Nova Scotia, nachzeichnen. Von dem harten Kampf an der Küste singt er. Wenn draußen der Sturm tost, vor dem die Fischer ans Kaminfeuer heimkommen, mag das manchmal etwas kitschig erscheinen. Doch es ist auch voller Sozialkritik, wenn Buddy von jenen singt, denen in ihren „kleinen Booten“ längst die Existenzgrundlage entzogen ist. Landschaftlich ein besingbares Paradies ist Nova Scotia in seinen Songs auch ein sterbendes, weil ob Arbeitslosigkeit zunehmend entvölkertes Inselland. Gute Singer/Songwriter-Tradition, in die Folk-Romantik immer auch die kritischen Lebenszeichen einzuweben.
Von letzteren kann auch Gerhard Schöne manches Lied singen. Er gilt zurecht als einer der interessantesten Liedermacher aus der ehemaligen DDR. Denn dort musste man Kritik an den Zensoren vorbei sorgfältig kodieren. Das war der symbolischen, parabelhaften Tiefe der Liedermacherkunst nicht abträglich, hat vielmehr eine ganz eigene ostdeutsche hervorgebracht, die heute umso mehr gewinnt in ihrer Lebenszeichenhaftigkeit. Schöne und dem Duo Saxophon & Orgel (Ralf Benschu und Jens Goldhardt) gelingt in ihrem Programm „Ich öffne die Tür weit am Abend“ eine konzertante, oratorienhafte Form, für die Johann Sebastian Bachs musikalische Religiosität und Albert Schweizers mehrfach zitierter Humanismus Pate stehen.
Und Schönes Texte, die in manchem an Brechts „Kinderlieder“ (für Erwachsende wie Erwachsene) erinnern. Etwa „Der Wunsch des Filmprojektors“, der endlich „alle Kriegsfilme rückwärts laufen“ lassen möchte, nämlich zu Frieden und Völkerverständigung. Damals aktuell, heute umso mehr. Denn „irgendwann siehst du zum letzten mal den Schnee, deshalb: Lebe total!“ Die „Lebenszeichen“ werden so über das Zeichen hinweg auch zu einer Aufforderung, das Leben nicht nur im Lied zu beschauen, sondern zu leben. Das Publikum hat verstanden, bravot in stehenden Ovationen und stimmt auch in den Bach-Kanon der dritten Zugabe chorisch ein.
Infos und Hörproben: www.gerhardschoene.de, www.orgelsax.de, www.buddymacdonald.ca
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