Mine präsentierte im Orange Club ihr neues Album „Das Ziel ist im Weg“

Von Jörg Meyer

Kiel. Sanft senkt sich die Mainacht über und in den Orange Club, wo die Mainzer Sängerin Mine und ihre vierköpfige Band an ihrem vielfältigen Instrumentarium schrauben. So seltene Instrumente wie ein Gitarrett, eine Mischung aus Gitarre und Kalimba, sind darunter oder auch eine E-Kantele. Damit und allerlei Keyboard- und Sample-Elektronik macht sich Mine nach einem Support-Auftritt ihres Gitarristen Martin Haller auf den Weg in die melancholisch wortverspielten Innenwelten der Songs von ihrem neuesten Album „Das Ziel ist im Weg“.

Reist mit ihren Liedern ins Innere des Ichs – die Mainzer Sängerin Mine (Foto: www.minemusik.de)

Reist mit ihren Liedern ins Innere des Ichs – die Mainzer Sängerin Mine (Foto: www.minemusik.de)

Um jene Reise ins Ich, das unentdeckte Land, drehen sich Mines Lieder, werfen im gleichnamigen Opener den „Anker“ aus in unbekannte Seelentiefen oder auch -abgründe. Allein sich darin zu versenken, macht „unsinkbar“, wie das lyrische Ich den „Matrosen“ auf dem strandenden Schiff zuruft und damit bereits zu Beginn die meist auf (scheinbaren) Paradoxien beruhenden Wortspiele zu poetischer Kraft entfaltet. Manchmal muss man zweimal hinhören, um deren Winkelzüge und Hakenschläge zu ergründen. Aber vielleicht steht gerade das Ziel, das Ich verstehen zu wollen, der Selbsterkenntnis im Weg. Deshalb müssen sich die Worte quer stellen im Strom der ebenso entrückten wie in den elektronischen Beats ungemein präsenten Klänge. Mines Musik, für die sie treffend die Einflüsse Björk und Kraftwerk nennt, ist auch hier paradox. Ihre Magie entsteht aus dem Widerspruch zwischen eingängigen Piano- und Orgel-Loops und sperrig polyrhythmischen Beats. Statt kantenlosem „Four to the Floor“ schnörkeln sich sechs Achtel durch einen … Moment, war das nicht eben noch ein entspannter Bossa-Nova-Beat in dem düsteren Entliebungslied „Kann sie es tragen“?

Wer sich auf den Weg in die Melancholie eines „Pusteblumenfelds“ (so der Titel eines der innigst nach Innen gekehrten Lieder) macht, muss das nicht nur tragen, sondern so klangbewusst wie Mine in die Schwebe bringen. So wie es „Der fliehende Robert“ tut, der sich vom Wind unter dem Regenschirm in den Himmel tragen lässt. Diese Geschichte hat Mine dem „Struwwelpeter“ entlehnt und den „fliegenden Robert“ in einen „fliehenden“ wortverwandelt. Das ist mehr als ein augenzwinkernder Link auf das bekannte Kinderbuch. Vielmehr bürstet Mine dessen warnende „schwarze Pädagogik“ gegen den Strich und macht aus dem allzu naiv wagemutigen Robert, den der Wind wegbläst, einen Entdecker, der sich in den Himmel traut, um dem Regen zu trotzen.

Sich dem wilden, unerforschlichen Leben und der Melancholie mutig zu stellen, ist die Botschaft in Mines Liedern. „Das Glück ist nah, schau’ ihm hinterher“, heißt es in „Hinterher“ entsprechend paradox. Das Publikum folgt solcher Aufforderung gebannt von der Magie in Mines Poesie und Musik und lässt sich entführen in die je eigenen Innenwelten – hier ganz nah inmitten der melancholischen Mainacht.

Infos und Hörproben: www.minemusik.de