Gegorian schlugen in der Sparkassen-Arena ihr „Final Chapter“ auf

Von Jörg Meyer

Kiel. Seit 17 Jahren sind Gregorian eines der klanggewaltigsten Pop-Crossover-Projekte. Vor rund 2000 Zuhörern schlugen die acht Sänger im Mönchs-Habit in der Sparkassen-Arena das letzte Kapitel dieser Erfolgsgeschichte auf – ein Abschied mit großem Aplomb und manchem Knalleffekt sowohl der Solostimmen als auch der Lightshow.

Gregorian singen mönchisch bescheiden, aber doch nah am Kitsch (Foto: Nemo-Studio)

Gregorian singen mönchisch bescheiden, aber doch nah am Kitsch (Foto: Nemo-Studio)

Der blau angestrahlte Vorhang fällt also zum voraussichtlich letzten Mal, bevor die britischen Sänger unter ihren schwarz glitzernden Kutten gemessenen Schritts und in streng symmetrischer Choreografie wie durch einen Kreuzgang schreiten. Und in der Tat hat es etwas von einem Gebet, doch zu bleiben, wenn sie nach der martialischen Eingangshymne „Masters Of Chant“ das sehnsüchtige „Stay“ anstimmen. Pop, Rock und vom gregorianischen Choral inspirierter Gesang, welches Crossover der deutsche Produzent Frank Peterson einst nicht ganz ohne Genie erfand, passen auch in „The Final Chapter“, so der Titel der Abschiedstournee, zusammen. Vielleicht ein wenig zu gut, weil nach fast zwei Jahrzehnten so perfektioniert, dass kaum Ecken und Kanten bleiben, an denen man sich auch mal reiben könnte.

Wären da nicht die Solisten: Sarah Brightmans Schwester Amelia gibt die Engelsgestalt, die bei „Join Me In Death“ mit riesiger weißer Schleppe wie eine Pop-Göttin über der Bühne thront, hör- wie sichtbar strahlend – aber auch nicht weit entfernt von den Sphären himmlischen Kitschs. Solchen entzieht sich der 21-jährige Countertenor und Altist Narcis Iustin Ianau, Finalist des rumänischen Pendants zur TV-Show „Das Supertalent“. Im Secret-Service-Cover „Cry Softly“ entfaltet er solche schwindelerregend hohe Stimmpracht, dass man sich als Zuhörer in wirkliche Himmel entrückt fühlt.

Aber wie auch bei The Alan Parson’s Projects Adaption des düsteren Poe-Poems „The Raven“ nur für einen Augenblick. Schon in „Now We Are Free“ aus der Hollywood-Sandale „Gladiator“ gewinnt pop-kurzgeschlossener Kitsch wieder die Oberhand. Bleiben die Masters of Chant meist im gregorianischen Unisono, trumpft die Band mit buchstäblich feuerspeienden Beats und symphonischen Gitarren-Soli auf.

In solchen Klang- und Lichtgewittern gibt es nur selten eine Chance für leisere Töne, etwa in Seals „Kiss From A Rose“. Das merkt auch das von all den Aplombs eingelullte Publikum. Seine Ovationen sind nicht bloß aus Tradition, sondern erstmals spontan bewegt stehende, wenn Gregorian sich vor dem obligatorisch dick aufgetragenen „Time To Say Goodbye“ zwischen die Reihen begeben, um unplugged und a cappella so etwas wie authentisch zu werden. „Gute Nacht, Freunde, es ist Zeit für uns zu geh’n“, singen sie in mönchischer Bescheidung. Freilich folgen nach solch innigem Abschied noch fünf bejubelte Zugaben.