Fraktus hießen uns in der Pumpe „Welcome To The Internet“
Von Jörg Meyer
Kiel. Soweit die Legende: Fraktus erfanden in den 80ern den Techno – und das Internet gleich mit, wie das Trio infernale in der fast ausverkauften Pumpe mit seinem jüngsten Album „Welcome To The Internet“ reklamierte.
Nämlich, dass das Internet so gaga ist, dass es eine Hommage an 100 Jahre Dada sein könnte. Oder an die Neue Deutsche Welle – und nicht zuletzt an Kraftwerk, die in den 70ern mit der „Autobahn“ noch nicht die immer schnellere und zugleich verrückter gewordene der Daten meinten, sie aber vorahnten. Dass nicht Kraftwerk, sondern Fraktus Techno und das Internet erfunden hätten, solche Mär’ zettelten Dickie „Starshine“ Schubert (Rocko Schamoni), Torsten Bage (Heinz Strunk) und Bernd Wage (Jacques Palminger) (ehemals als Anarcho-Comedy-Truppe Studio Braun unterwegs) bereits 2012 in Lars Jessens Dokuflage „Fraktus – Das letzte Kapitel der Musikgeschichte“ an. Nun legen sie nach mit viel Lightshow- und Video-Brimborium, um sich weiter als die Erfinder von „ravend Revolutionärem“ und noch (irr-) realer zu inszenieren.

Fraktus: (v.l.) Bernd Wand (Jacques Palminger), Torsten Bage (Heinz Strunk) und Dickie „Starshine“ Schubert (Rocko Schamoni) (Foto: www.fraktus.de)
Wer das ernst nimmt, hat Fraktus nicht oder auch richtig verstanden. Denn hier werden das ganze Elektro-Ding und überhaupt alles, was heuer so „internettet“, fachgerecht dekonstruiert. Schon der Opener „Welcome To The Internet“ ist in seiner audiovisuellen Übersteuerung so absichtlich hahnebüchen, dass es eine diebische Dada-Freude ist. Aber die Techno-Pioniere belassen es nicht dabei in Songs wie „Saugetücher“, die, so Torsten Bage on stage dozierend, „Sachverhalte ganz emotionslos schildern“. So mutwillig gefühllos wie einst Kraftwerk werken die Drei in Rotmännern und anfangs unter grün LED-schillernden Helmen an ihren Keyboards, weiteren schrägen E-Instrumenten, sägegezähntem Vocoder und schrill jammerndem Theremin. Neben Kraftwerk lassen dabei auch Trio grüßen, wenn die Synthie-Tunes poppig einnehmen, das Publikum die „Oh-Eh-Ohs“ begeistert mitsingen lassen.
Soll natürlich alles so sein, wenn Bernd vom Feen-Märchen „Mary Poppins“ raunt, wo man den Schirm aufspannen sollte, um nicht im Regen nach der Traufe des Internet zu stehen. Denn dort ist manches so Spam, dass man dem nur mit den „Originals“ entrinnt. Und überhaupt muss man so Dada sein wie Fraktus, um dem Gaga der Realitäten zu trotzen.
Das ist die eigentliche Botschaft des Trios: Lasst euch nicht einlullen von der erfundenen Realität, begebt euch vielmehr mit uns in deren Irrsinn. Das war auch das Anliegen der Dadaisten. Insofern stehen Fraktus fest in deren Tradition – runter oder auch rauf gebrochen auf das Internet. Mit dem „Push & Pressure“-Videospiel „Smirkey“ sind wir mittendrin, und „Freunde sind Friends“ jenseits von Facebook, wo jetzt viele video-posten, wie „geil gaga“ es gerade bei Fraktus ist.
Infos, Videos und Hörproben: www.fraktus.de
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