Kieler Stadtgalerie zeigt italienische Kunst aus dem Wettbewerb
„Premio Fondazione VAF“

Von Christoph Munk

Kiel. Die Stadtgalerie Kiel zeigt sich zum fünften Mal als Partner der Stiftung VAF (Volker und Andrea Feierabend) und präsentiert mit den Arbeiten des Wettbewerbs um den Kunstpreis „Premio Fondazione VAF“ am Beispiel von 15 Künstlerinnen und Künstler die aktuellen Positionen italienischer Kunst. Eröffnet wird die von einem hochkarätig besetzten Kuratorium zusammengestellte Ausstellung am Freitag, 10. Juni, um 19 Uhr in den Räumen der Stadtgalerie, Andreas-Gayk-Straße.

Roberto Pugliese: "Quintetto". (Foto Stadtgalerie/M. A. Sereni)

Roberto Pugliese: „Quintetto“. (Foto: Stadtgalerie/M. A. Sereni)

Zu den Zielen der von einem deutschen Unternehmer gegründeten Stiftung mit Sitz in Frankfurt und beheimatet in einem Museum in Rovereto (Oberitalien) gehört es, neue Kreationen bildender Künstler aus Italien ausfindig und durch Ausstellungen in Deutschland (nach Kiel auch in Chemnitz) international bekannt zu machen. Die Jury aus sieben internationalen Museumsfachleuten bemüht sich – nach Sichtung und aufwendigen Atelierbesuchen – um eine strenge, vor allem an den Kriterien Qualität und Intensität orientierte Auswahl, wie Klaus Wolbert, Präsident der Stiftung, vor der Presse erklärte. Das Bekenntnis zu Offenheit für alle Formen und Medien – Malerei, Fotografie, Video, Objektkunst, Installation und Performance – prägt auch die Kieler Schau.

Bilder von einem demolierten Klavier: „Niendorf (The Damaged Piano)" von Valerie Rocco Orlando. (Foto Stadtgalerie)

Video-Standbild von einem zerstörten Klavier: „Niendorf (The Damaged Piano)“ von Valerie Rocco Orlando. (Foto: Stadtgalerie)

Ganz im Zentrum der Jury-Forderung nach Formenvielfalt, höchster Qualität, und konzentrierter Intensität bewegt sich die Arbeit des diesjährigen Preisträgers Valerio Rocco Orlando. Er zeigt in der Blackbox unter dem Titel „Niendorf (The Damaged Piano)“ ein Doppelvideo: Auf dem einen Screen taumelt und tanzt die Kamera und liefert stumme, farblich verfremdete Bilder von Tasten und Teilen eines vom Alter zerstörten Klaviers; die andere Projektion zeigt, von Tönen unterlegt, in einer fast unbewegten Einstellung das Gesicht des bekannten englischen Komponisten Michael Nyman, offensichtlich darauf konzentriert, dem Instrument, möge es noch so unvollkommen klingen, eine Komposition zu entlocken oder aufzuzwingen. Das Piano steht mit seinen Schäden für eine vergangene Tradition und beeinflusst durch seinen Zustand die Gegenwart des zur atonalen, verfremdeten Spielweise verurteilten Pianisten. So offenbart sich in einem intensiven, gegenläufigen Miteinander Kommunikation als das zentrale Thema der Arbeit.

Von Interaktionsvorgängen handelt auch die Arbeit „Variables Gleichgewicht“ von Roberto Pugliese: Zwei Metallhebel – Auslegern von zwei Roboter ähnlich – stoßen, von elektrischen Schaltkreisen gesteuert aufeinander, weichen aus, kreisen umeinander. Der gleiche Künstler verbindet mit der dekorativen Installation „Quintetto“ Streichinstrumente, Musik und audiovisuelle Computersteuerungen. Ähnlich hintergründig und vielschichtig sind die Arbeiten von Luigi Presicce, in denen sich von der Malerei geprägte Fotografie, Videoaufnahmen und Performances zu auch thematisch komplexen Präsentationen verbinden. Ebenso vielschichtig wirkt die um ein Video herum gruppierte Ansammlung „The Book of Evils“ von Chiara Fumai, die dem Phänomen okkulte Magie nachspürt und sich mit einer Frau aus Italien beschäftigt, die sich im ausgehenden 19. Jahrhundert als Medium ausgab und mit ihren spiritistischen Sitzungen die halbe Welt faszinierte – und austrickste.

Keramik mit ironischen Touch: „Provviste" von Davide Monaldi. (Foto Stadtgalerie)

Keramik mit ironischem Touch: „Provviste“ von Davide Monaldi.

Malerische Positionen vertreten unter anderem Paolo Chiasera, der an seinem inhaltlich aufgeladenen, bühnengroßen Prospekt „The Black Hunter“ eine ganze Reihe von Kollegen beteiligte. Gianni Politi folgt dem Prinzip des „Work in Progress“, wenn er seine Gemälde wieder und wieder zerschneidet, übermalt, verwandelt. Eine Reihe kleiner, ausdrucksstarker in ihrer Vielfalt beinahe bizarrer Fotos präsentiert Ottavia Castellina mit „Portraits from Slices of Life“.

Unter mediterranem Klima blüht auch die spielerische Phanatsie: Formal streng, aber doch leicht die dem Konstruktivismus nachempfundenen Objekte von Alice Cattaneo, ironisch gebrochen die Keramik von Davide Monaldi; skurril die interaktive Installation von Hilarion Isola; kindlich verträumt die Dinosaurier-Rehe von Alice Ronchi. Da wird aus dem Gang durch die Stadtgalerie nicht nur ein ernsthafter Parcours durch Qualität und Intensität künstlerischer Arbeit, da zeigt sich die Schau „Premio Fondazione VAF“ auch als Märchengarten und Zauberreich.

Öffnungszeiten und Info: www.stadtgalerie-kiel.de