Das Sommerfest in der Hansa48 bot wieder eine Alternative zum
Kieler-Woche-Trubel

Von Jörg Meyer

Kiel. Es macht eben diesen kleinen, aber entscheidenden Unterschied, wenn die Trommelgruppe Sambastards das Sommerfest in der Hansa48 eröffnet, statt im Holstenbummelgetümmel als eine von vielen unterzugehen. Getriebe bis Gedränge herrscht auch im Hansa-Hof, aber „es ist viel lauschiger und familiärer als auf den Kieler-Woche-Bühnen“, so ein Stammgast – und zudem vielfältiger.

Nach der in die Beine gehenden Samba- folgt Seelen-Gymnastik mit den „Chansongs“ von Luke Smoke. „Tout bas“, was so viel wie „sanft, ganz leise“ heißt, titelt sein Debütalbum treffend, auch wenn Luke im schrillen Clownskostüm, mit seiner stellenweise richtig „funky“ Ukulele und einer beachtlichen Stimme auf der Gartenbühne ordentlich aufdreht. Internationale Chansons hat er im Programm, wortspielreiche Eigenkompositionen, aber auch eigenwillig gegen den Strich gebürstete Klassiker wie „O sole mio“. Solche große Kleinkunst würde auf der Kieler Woche untergehen, hier findet sie aufmerksame Zuhörer und viel Beifall.

Dass lauter Gitarrenrock und sensible Texte über die Freiheiten der kleinen Fluchten kein Widerspruch sind, beweist auch die Hamburger Band Staring Girl als erster Act auf der rustikalen Holzbühne. „Wir sitzen und warten, dass sich die Welt ein Stück verschiebt und glasklar vor uns liegt“, heißt es in einem ihrer Songs. Im Hansa-Hof, über den die Sommernacht ihr sanftes Tuch breitet, verschiebt sich die Welt um genau dieses kleine Stück und kommt so mitten im Trubel zur Ruhe, in der bekanntlich die Kraft liegt.

Trotz mit großen Gesten ausgespieltem Disco-, Easy-Listening- bis hin zum Schlager-Feeling à la Dieter Thomas Kuhn besingen auch Freddy Fischer & His Cosmic Rocktime Band die Sehnsucht. Ein bisschen mehr „spontane Tanzwut“ fordert der Berliner Sänger für seine „International Lover Disco“ dennoch ein. Schlager-Move-Texte wie „Ich hab’ mein Herz an dich verloren“ bekommen dabei einen umso tieferen Sinn, wenn Freddy sie und dann auch die Menge vor der Bühne mit gebreiteten Armen zum Tanzen und Mitsingen des Refrains bringt. Der Vollmond geht auf – nicht über Soho, sondern dem Hansa-Hof. Mehr Sommernachtsromantik geht nicht. Oder doch? Ja, wenn man sich bei der mitternächtlichen Feuer-Show des Flensburger Akrobaten Art Petit staunend in den familiären Armen liegt.