Das Ensemble Voces Berlin feierte sein 25. Jubiläum in der
St. Nicolai Kirche Eckernförde
Von Jörg Meyer
Eckernförde. 25 Jahre ist das Ensemble Voces Berlin nicht alt, sondern jung. Zu ihrem Jubiläumskonzert in St. Nicolai sangen Katja Kanowski (Sopran), Karola Hausburg (Alt), Nicholas H. Smith (Tenor) und Sebastian Schwarze-Wunderlich (Bass und Orgel) Vokalmusik aus acht Jahrhunderten und bewiesen damit, wie nah das Alte dem Neuen in der Musik ist.

Die Ensembles Voces Berlin und Reflexion K (v.l.: Gerald Eckert, Komponist, Cello; Nicholas H. Smith, Tenor; Katja Kanowski, Sopran; Beatrix Wagner, Flöte; Karola Hausburg, Alt; Sebastian Schwarze-Wunderlich, Bass, Orgel) (Foto: Ensemble Voces Berlin)
1991 gründeten die bis auf Nicholas H. Smith, der später hinzustieß, drei Kirchenmusikstudenten in Berlin ihr Ensemble, schon damals mit dem Ziel, Vokalmusik in ihrer ganzen Breite vom 14. Jahrhundert bis in die jüngste Gegenwart zu interpretieren. Dass sie ihr Jubiläum nicht in Berlin feiern, sondern in Eckernförde, liegt an der jahrelangen Zusammenarbeit mit dem hiesigen Ensemble reflexion K (Gerald Eckert, Komposition und Cello, und Beatrix Wagner, Flöte), mit dem sie in St. Nicolai zahlreiche Werke Neuer Musik präsentierten. Eckerts geheimnisvoll flüsternde „Annäherungen an Petrarca“ und das in seiner sanften Klanggewalt beeindruckende „Fuori“ bilden den Konnex zur neuesten Musik. Wie Sven Erik Bäcks Motette „Ecce ascendimus Jerosolymam“, die trotz all ihrer Neutönerei den Bogen zurück spannt zur ersten mehrstimmigen Chorkomposition: Guillaume de Machauts „Messe de Nostre Dame“, aus der Voces das „Kyrie“ und „Gloria“ singen.
Schon öfter hatten die Ensembles Voces und reflexion K in Konzerten der Reihe Neue Musik Eckernförde dieses alte Werk mit neuen kontrastiert – besser: verbunden. Die Nähe von alter und neuer Klangerforschung und -innovation ist auch hier wieder hörbar. Die Entwicklung der ganz alten zur sehr neuen (Chor-) Musik wird so nicht zuletzt zu einem sinnlichen Bildungserlebnis.
Voces passen ihren ungemein homogenen Chorklang den jeweiligen Jahrhunderten an: Archaisch bei Machaut, dessen frühe Mehrstimmigkeit oft noch dem gregorianischen Choral verpflichtet ist, zuweilen melancholisch tänzerisch in Josquin Desprez’ Motette „Tu pauperem refugium“ und Palestrinas knapp 100 Jahre später komponierter „Missa Lauda Sion“, schillernd frühbarock in Johann Hermann Scheins geistlichem Konzert „Komm, Heiliger Geist“ und romantisch gefühlvoll, wenn Mendelssohn Bartholdys „Ruhetal, op. 59/5“ auf den Notenpulten liegt.
Dazwischen aber zeitigt ein ganz Großer: Johann Sebastian Bach mit drei Chorälen aus der Motette „Jesu meine Freude“. Einzig dort mag man an der virtuosen Kompetenz der Zeitreisenden zweifeln. Vielleicht haben sie nicht schnell genug zwischen den Epochen gewechselt – so klingt Bach, der womöglich zu Überzeitliche, hier allzu romantisch übersteuert und nicht so leise feinsinnig, wie Voces gerade die ganz alte und die ganz neue Musik zelebrierten.
Schreibe einen Kommentar