Das Landestheater zeigt im Slesvig-Hus Mark Haddons „Supergute Tage“

Von Hannes Hansen

Schleswig. Die Welt sollte nach Ansicht des am Asperger-Syndrom leidenden Jungen Christopher Boone mit der Spezialbegabung für Mathematik sauber, wohlgeordnet, chemisch rein sein. Wie die Welt der Zahlen, wie das Universum. Doch so ist sie nicht, sondern laut und chaotisch. Aus ihren Bruchstücken muss sich Christopher seine eigene Ordnung zusammenpuzzeln, eine den Regeln der reinen Logik folgende Ordnung. Eine, die etwa so funktioniert wie das Computer-Denkspiel Tetris, welches das Vorbild abgibt für die in strenge Quadrate aufgeteilte Wand, die Stephan Testi für das Landestheater auf die Bühne des Slesvig-Hus gestellt hat.

Flavio Kiener in „Supergute Tage – oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ (Foto: Landestheater)

Flavio Kiener in „Supergute Tage – oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ (Foto: Landestheater)

Ein luftiges Bühnengeschehen, in dem das Leichte schwer, das Schwere leicht erscheint, präsentieren Regisseurin Franziska-Theresa Schütz und die Mitglieder des Landestheaters mit Simon Stephens’ Bühnenfassung von Mark Haddons „Supergute Tage“. Glänzend zwischen Hilflosigkeit, Trotz, Angst, Selbstbehauptung und schüchtern aufkeimender Gefühlsnähe wechselnd, sucht Flavio Kieners Christopher sich seinen Weg durch die Unordnung der Welt. Eine Welt, die noch chaotischer wird, als er entdecken muss, dass irgendjemand den Hund der Nachbarin getötet und sein Vater ihn belogen hat, als der ihm erzählte, seine Mutter sei an Herzversagen gestorben. Besteht da etwa ein Zusammenhang zwischen dem Mord an einem Tier und der väterlichen Lüge? Christopher, das Mathematikgenie, fühlt sich herausgefordert, und er beschließt, der Sache mit den Mitteln der Logik ohne Ansehen der Person auf den Grund zu gehen.

Die Welt wie ein Tetris-Spiel ... (Foto: Landestheater)

Die Welt wie ein Tetris-Spiel … (Foto: Landestheater)

Nur ist das nicht so einfach, denn da sind der zwar liebevolle, aber überforderte Vater (Johannes Lachenmeier) und seine ferne, irgendwie gutherzige aber hilflose Mutter (Melina von Gagern), da ist die rührend bemühte Lehrerin (Neele Maak), sind die Polizisten (Christian Simon und Deniz Ekinci), die ihn erst drangsalieren, dann väterlich ermahnen. Sie alle, wohlmeinend oder nicht, wuseln in verschiedenen Rollen auf der Bühne und in Christophers Leben herum und rücken ihm auf die Pelle. Sie umzingeln und bedrängen ihn mit blitzhaften, pantomimischen Gesten. Ihre Worte, ihre Ermahnungen und Ermunterungen mischen sich in seinem Kopf zu einem wüsten Stimmengewirr, aus dem er nur mit Mühe herausfindet.

Dass Christopher das gelingt, dass er es schafft, sich trotz seiner Behinderung seinen Platz im Leben zu verschaffen, ist die frohe Botschaft von „Supergute Tage“. Das mag man als arg verkürzt empfinden, Franziska-Theresa Schütz’ muntere, gelegentlich von schwereloser Komik gezeichnete Inszenierung und die gut aufgelegten Akteure – allen voran der bei der Premiere zu Recht mit Ovationen bedachte Flavio Kiener – machen es glaubhaft.