Comedian Paul Panzer kam mit seiner „Invasion der Verrückten“ in die Sparkassen-Arena
Von Jörg Meyer
Kiel. Mit einem herzlichen „Hier ist einer von euch!“ stiefelt Paul Panzer auf die Bühne der Sparkassen-Arena und rückt so gleich den Titel seines aktuellen Programms „Invasion der Verrückten“ zurecht. Keine Invasion von irgendwelchen Außerirdischen, nein wir selbst sind die Verrückten, welche die Welt und unsere biederen Kleingärten bevölkern, denn „wir haben alle einen Dachschaden“.
Und der ist durchaus sympathisch – wie der „kleine Mann“ mit Blümchenhemd und kultiviertem „Sprechzfehler“, der in den folgenden zwei Stunden plus Zugabe all die Tassen aufzählt, die wir nicht mehr im Schrank haben. Namentlich unsere Ängste, die zuweilen seltsamste Urständ feiern. Pauls Frau Hilde zum Beispiel leidet unter Arachnophobie, der Angst vor Spinnen, und pfeift daher immer laut, wenn sie in den spinnverwebten Keller geht. „Denn Spinnen erschrecken bekanntlich vor Pfeifen“, wie Paul solche „Konfrontationstherapie“ sogleich als unzureichend demontiert. Aber im Prinzip habe Hilde schon Recht: „Wir müssen uns unseren Ängsten stellen“, weiß er und wird dabei geradezu psychoanalytisch – oder auch küchenphilosophisch. Wir müssten unsere Ängste als Teil von uns selbst akzeptieren, lautet die durchaus ernst gemeinte Botschaft des Beobachters eines Alltags, in dem „jeder Siebte an ’Depretzion’ leidet“.
Die Angst vor Enten und dem Ende
Und da ist er wieder, der komödiantische Trick, mit dem Panzer auch ernsthafte Gesellschaftsanalyse komisch erscheinen lässt: sein gespieltes Lispeln bei fach-chinesischen Begriffen wie „Ataraxie“. Solche „Seelenruhe“, wie sie die Stoiker als Tugend lehrten und auch Gattin Hilde pflegt, wenn sie manches Ungeschick mit einem schlichten „Tja …“ quittiert, bringt Paul zur witzelnden Weißglut. Genauso der alltägliche Wahnsinn von Mülltrennung in verschiedenfarbige Tonnen, die sich keiner merken kann, buchstäblich geschmacklose Convenience-Produkte wie „Fro(t)zen Joghurt“ oder „Rosamunde Pichler“-Verfilmungen, wo immer „ein Paar an einer irischen Steilküste steht und in den Abgrund starrt“. Denn neben exotischen Ängsten wie Anatidaephobie, „der Angst, von Enten angeschaut zu werden“, ist doch eine die uns alle beherrschendste: die „vor dem ’Tott’“.
„Angst haben wir vor allem vor dem, was wir nicht kennen“, doziert Paul. Da hilft nur eins, wir müssen es kennenlernen – oder Witze drüber machen. Dem frönt Panzer ausführlich bis langatmig. Im gelegentlich trägen Fluss der verrückten, aber allzu bekannten Alltagsgeschichten kommt ihm eine Unterbrechung wie Handy-Klingeln oder das gackernde Gelächter aus der vierten Reihe als „Side-Kick“ gerade recht. Zu lange ist Panzer schon Comedian, als dass er sich solche Steilvorlagen entgehen ließe. Zumal sie sein Fazit am „Häppzi End“ untermauern: „Wir Verrückten müssen im Gespräch bleiben“, und zwar nicht bloß auf „Schmartzphones“, sondern wie hier live und ganz ohne Angst, uns über uns selbst lustig zu machen.
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