Mousse au Jazz sangen und spielten im KulturForum quer durch die Kontinente

 Von Jörg Meyer

Kiel. Eine Reise nach Peru hat das norddeutsche Quartett Mousse au Jazz hinter sich, gefördert vom Goethe-Institut, und deshalb singt Antje Steenbeck nach Schuberts Melodie auch vom „König in Thule“, dem Nordmann, dem kein Trank zu viel ist, zumal nicht der, der verzaubert.

Von Nordmännern zu südlichen Sambatänzerinnen, locker vom Orient (Dizzy Gillespies „A Night In Tunesia“) bis zum Okzident spannen im KulturForum Steenbeck, Pianist Stephan Scheja, Moritz Zopf an gleichermaßen sensiblem Kontra-, E-Bass und Flöte und Axel Fischbach auf unaufgeregten Drums den Bogen quer über Kontinente – als Goethe and More-Botschafter des „contemporary“ Jazz aus (Nord-) Deutschland.

Brachten Stücke von ihrer Peru-Reise mit: Mousse au Jazz (v.l.: Moritz Zopf, Axel Fischbach, Antje Steenbeck, Stephan Scheja (Foto: Mousse au Jazz)

Brachten Stücke von ihrer Peru-Reise mit: Mousse au Jazz (v.l.: Moritz Zopf, Axel Fischbach, Antje Steenbeck, Stephan Scheja (Foto: Mousse au Jazz)

Im steten Wechsel zwischen Ballade und Uptempo in Bossa & Co. mischt das Quartett dabei das Genre kräftig auf. Antje Steenbeck vor allem mit ihren Scats, die sowohl im Balladenton als auch im Bossa das Publikum zu manchen spontanen Bravos begeistern. Die Scats sind ihre virtuose Stärke, wo ihre Stimme zwischen bluesig gründelndem und keck überhöhtem Timbre eben die Sprünge macht, die sie auch barfüßig tanzt. Schön, zu erleben, dass man Jazz nicht nur altherren-gepflegt in verschlissenem Fußleder mitwippen kann, sondern dass seine Energie sich ungemein tanzbar überträgt.

Im KulturForum bleibt man dennoch sitzen, klatscht in den Synkopen kundig mit, wissend, woraus dies lebendige Quartett schöpft. Aus den leisen Tönen, wenn Zopf am nachdenklichen Schluss von Abbey Lincolns „Throw It Away“ seinen Kontrabass noch zarter streicht als Steenbecks Stimme der Jazz-Diva nachgeeifert hat. „Jetzt wird’s philosophisch“, hatte sie dem Song vorangeschickt. Und wenn Jazz philosophisch wird, ist eigentlich von vornherein alles gut.

Selbiger Modus funktioniert selbst bei A. C. Jobims „Agua de beber“, wo Steenbeck zwar nicht an Astrud Gilbertos Coolness heranreicht, dafür aber dem Klassiker manche erotische Nuancen entlockt. Nicht anders beim Jazz-Standard „Caravan“, wo sie das hitzig Wüste in oasenhafte Laszivität verwandelt.

Das „turnt“ an, den Jazz wie die Zuhörer – ebenso im Song über die sprießende Kraft der peruanischen „Mutter Erde“, worin die Sängerin buchstäblich „von der Distel zur Rose“ wird, wie in der Anmoderation verkündet. Beide haben Dornen, doch die letztere ist so schön wie Steenbecks Stimme, die ihr Blüte und widerhakende Stacheln gibt.

Zauberhaft kommt diese Doppeldeutigkeit zwischen Stechen und Streicheln auch im Cover von Michel Legrands Chanson „Les moulins de mon cœur“ zur Geltung. Wohl die beste und einverstandenste Adaption des Quartetts. Mit mehr davon swingen wir noch knapp zwei Stunden vor der (Be-) Geisterstunde in Thelonious Monks „Round Midnight“.