Astrid Großgasteiger besteht mit „Karlsson vom Dach“ ihre Feuerprobe als neue Chefin des Wertparktheaters

Von Hannes Hansen

Kiel. Riesenjubel am Sonntagabend im Werftparkttheater bei der Premiere der Bühnenversion von Astrid Lindgrens „Karlsson vom Dach“. Glänzende Kinderaugen, Jauchzer und Lachen, lächelnde Rührung bei Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln, damit ist eigentlich schon alles gesagt über Astrid Großgasteigers Inszenierung der Bühnenversion des Kinderbuchklassikers.

Das Geheimnis des Erfolgs? Zunächst einmal das Bühnenbild. Karl-Heinz Steck stellt Astrid Großgasteigers Regie einen wunderbar rummeligen Raum zu Verfügung, der alles zugleich ist, das Wohnzimmer der Familie Svanteson, Lillebror Svantesons Zimmer, die Dachwohnung Karlssons, ein Hinterhof. Das ermöglicht der Regisseurin blitzschnelle Szenenwechsel nach dem Prinzip „Tür auf , einer kommt, Tür zu, einer geht“, das bringt Tempo und Schwung in den Laden. Dazu passt, dass die neue Chefin des Werftparktheaters aus der eigentlich nur grenzwertig sympathischen Figur des Großmauls Karlsson, der über dem Haus der Svantesons wohnt und mit Hilfe eines Propellers auf dem Rücken fliegen kann, einen anarchischen Freund harmloser Streiche macht, dem man bereitwillig alles verzeiht. Jedenfalls tut das der eigentlich schüchterne und von seiner Schwester drangsalierte Junge Lillebror, dem der nach Eigeneinschätzung „weltbeste Karlsson auf dem Dach der Welt“ Selbstvertrauen einflößt. Dass Lillebror manchmal die Streiche Karlssons ausbaden muss, macht dabei nichts, schließlich sorgt der egomanische „Mann in den allerbesten Jahren“, der Kindskopf mit der Riesenklappe auch für ordentlich Amüsement.

Großmaul und Jongleur: Lasse Wagner als Karlsson in „Karlsson vom Dach“ (Foto: Theater Kiel)

Großmaul und Jongleur: Lasse Wagner als Karlsson in „Karlsson vom Dach“ (Foto: Olaf Struck)

Lasse Wagner, gekleidet in eine irgendwie ulkige Latzhose und mit blinkenden Schuhen an den Füßen, spielt diesen Karlsson mit viel Verve als chaotischen Rapper, der Annegret Taubes zunächst verklemmten und gehemmten Lillebror aufblühen lässt. Das muss sogar Schwester Betty akzeptieren, die Pia Leokadia als urkomisch schrillen, pubertierenden Teenager gibt; in einer Nebenrolle ist sie der Einbrecher Fille. Kristin Hansen ist die in aller Welt umher reisende geschäftige Mutter Svanteson, die bei aller Liebe zu ihren Kindern wenig Zeit für sie hat, und in einer zweiten Rolle das s-tocks-teife Plattdüütsch schnackende Kindermädchen Frau Bock. Sebastian Kreuzer mimt Vater Svanteson, Bettys Freund Peter und einen zweiten Einbrecher.

Bei ihrer lustvollen Inszenierung lässt sich Astrid Großgasteiger von vielen theatralischen und künstlerischen Einflüssen inspirieren. Elemente der Commedia dell’arte stehen neben der Pantomime, groteske Übertreibungen neben Videoeinspielungen. Scherenschnittartige stumme Szenen sorgen für Geheimnis, Tumulte für Krach. Kurz, es geht zur Freude der Kinder kunterbunt und spannend zu bei diesem „Karlsson vom Dach“.

Fazit: Nach dieser Inszenierung sollte einem nicht bange sein für die Zukunft des Werftparktheaters.

Infos: www.theater-kiel.de