Francis Vebers „Dinner für Spinner“ im Landestheater

Von Hannes Hansen

Schleswig. Der erfolgreiche Verleger Pierre Brochant veranstaltet ein „Dinner für Spinner“. Er und seine reichen Freunde laden jeweils einen unbedarften Zeitgenossen mit absonderlichen Hobbies ein, um sich über ihn lustig zu machen. Diesmal ist der Finanzbeamte François Pignon, dessen idealer Lebenszweck es ist, Streichholzmodelle des Eiffelturms, der Golden Gate Bridge et cetera zu basteln, ausersehen, für die Erheiterung der abgebrühten Zyniker und Menschenverächter zu sorgen. Doch es kommt anders, Brochant hat einen Hexenschuss und Pignon muss helfen.

Flavio Kiener (re.), Reiner Schleberger Foto: Landestheater

Flavio Kiener (re.), Reiner Schleberger (Fotos: Landestheater)

Aber was erzähle ich da? Die Story von „Dinner für Spinner“ ist ganz und gar nebensächlich, schließlich hat der französische Komödienschreiber Francis Veber mit dieser Sitcom eine Slapstickkomödie geschrieben, die allen Ansprüchen des Genres mehr als gerecht wird. Und die sind vor allem: Tempo, Tempo, Tempo. Dazu blitzschnelle, pointierte Wortwechsel, Klamauk und Situationskomik.

Alles das bietet Fabian Alders Inszenierung am Schleswig-Holsteinischen Landestheater fast im Übermaß. Flavio Kiener als schleimiger Pierre Brochant und Reiner Schleberger als gutmütiger Naivling François Pignon torkeln und stolpern über die Bühne, fallen in eine im Boden versenkte Badewanne, führen aberwitzige Dialoge und tun dies alles mit gehörigem Tempo und einer so ausgeprägten Spiellust, dass einem als Zuschauer Hören und Sehen vergeht. Klaus Gramüller als hyperkorrekter Kollege Pignons gibt mit Bravour die Parodie eines Verwaltungsbeamten, der sein Selbstwertgefühl aus seiner Pingeligkeit bezieht, und Nenad Subat mimt Brochants Freund und Rivalen um die Gunst der Frauen mit ebenso geschäftiger wie verschreckter Umtriebigkeit, die bei einem Kerl seiner Größe und Statur umso komischer wirkt. Alexandra Pernkopf schließlich wechselt gekonnt zwischen ihren Rollen als selbstbewusste Ehefrau Brochants und schrille Nervensäge Marlène, die mit einem zwerchfellerschütternden Gekreisch aufwartet, wie man es auf den Bühnen des Landestheaters lange nicht gehört hat. Und ganz nebenbei liefert sie auch noch das komisch verdrehte Zerrbild eines vorgeblichen Frauenhelden ab, der aus den Höhen der Kulissen den Handelnden dazwischen quasselt.

Alexandra Pernkopf; Klaus Gramüller, Flavio Kiener,  Nenad Subat, Reiner Schleberger

Alexandra Pernkopf; Klaus Gramüller, Flavio Kiener, Nenad Subat, Reiner Schleberger

Diese Kulissen sind Teil von Andrea Eisensees zum Glück ganz und gar unrealistischem Bühnenbild, das von Hans (Jean) Arp und seinen Dada-Kollegen entworfen sein könnte. Einerseits stellt es mit wie riesige Bananen oder Regentropfen geformten Objekten den Akteuren Fallen, in und über die sie gern und mit Aplomb stolpern, andererseits bietet es ihnen es mit einer ähnlich gestalteten, organisch durchlöcherten Wand die Gelegenheit, auf und hinter ihr ihren Schabernack treiben zu können und die Tücken des Alltags parodistisch zu überhöhen.

Dinner für Spinner Nenad Subat, Flavio Kiener, Reiner Schleberger Foto: Landestheater

Nenad Subat, Flavio Kiener, Reiner Schleberger

Und wenn man zum Schluss „Oh nein“ denkt, scheint das Stück doch in gefühligem Versöhnungskitsch zu enden, dann drehen uns Autor und Regie eine Nase  und entlassen uns in das Chaos, mit dem „Dinner für Spinner“ begonnen hat.

Fazit: Unbedingt ansehen, ob in Schleswig, Rendsburg, Flensburg, Husum oder Itzehoe. Wer Slapstick nicht schätzt, auch wenn er sich so intelligent präsentiert wie beim Landestheater, soll wegbleiben.

Infos und Termine: www.sh-landestheater.de