Premiere am Landestheater:
Alfred de Mussets (Tragi-) Komödie „Man spielt nicht mit der Liebe“

Von Jörg Meyer

Rendsburg. Und weiter dreht sich das Bühnenkarussell zwischen Schäferidyll und kühlem Palast einer alten Gesellschaft, bis sich die Liebenden – oder was von ihrer Liebe übrigbleibt – doch noch kriegen. Nur zu welchem Preis? Nach einer glücklosen Beziehung mit George Sand schrieb sich der französische Romantiker Alfred de Musset seine Desillusionierung an der Liebe mit der (Tragi-) Komödie „Man spielt nicht mit der Liebe“ vom gekränkten Herzen.

Die Liebenden im Dialog über die Unmöglichkeit der Liebe: Camille (Manja Haueis) und Perdican (Christian Simon) (Fotos: Landestheater SH)

Im bewussten Gegensatz zu dem Sprichwort, das er für sein „proverbe dramatique“ als Titel wählte, werden die Patiencen der Liebe gelegt, bis sie genauso kaputtgespielt ist wie ihre Protagonisten. Perdican, Sohn eines heruntergekommenen Barons, kommt nach dem Studium zurück an den Hof, wo ihn der Vater mit seiner Cousine Camille verheiraten möchte. Standesgemäß üblich und eigentlich kein Problem, denn die beiden mochten sich schon als Kinder. Doch Camille zieht der Liebe wegen deren Leidenspotenzials das Kloster vor. Perdican tändelt mit dem Bauernmädchen Rosette, um Camille eifersüchtig zu machen und so sie, die zwischen Leidenschaft und Entsagung schwankt, doch noch zu gewinnen. Das gelingt, aber nur unter Verschuldung, denn Rosette, die viel lebensschlauer ist als Perdican und Camille, nimmt sich das Leben.

„Ich will ja lieben, nur nicht leiden.“ (Camille)

Der Vorhang wie die Fragen nach der Quadratur der Liebeskreise bleiben am tragischen Ende der Komödie entsprechend offen vor Martin Fischers Bühnenbild. Als ovales Karussell dreht es sich beständig zwischen den Szenen: Mal der von (leeren) Gitterregalen umrundete Raum der alten ständischen Gesellschaft, dann das Rokoko-Idyll „am Quell und unterm Walnussbaum“, wo Perdican einerseits Rosette Avancen macht, andererseits in einem zentralen Dialog mit Camille über die Liebe räsoniert. In diesem „Setting“ inszeniert Wolfram Apprich die Figuren ebenso komisch wie ihrer innewohnenden Tragik gerecht und setzt auch Sigrid Behrens’ Neu-Übersetzung in eine gleichermaßen poetische wie alltagssprachlich frappierende Sprache kongenial um.

Christian Simon gibt Perdican als heutigen jungen Erwachsenen: zu cool, um noch Träume zu haben, und Camilles Schönheit mit einem wuchtigen „Wow!“ goutierend. Auch Manja Haueis gestaltet ihre Camille sehr gegenwärtig im Spannungsfeld zwischen Lebensflucht und gierigem Zugriff. Neele Frederike Maaks Rosette ist das blonde Mädchen, das um seine Ungebildetheit weiß – wie um seine Lebensweisheit, nämlich dass das Spiel der Liebe für sie nicht aufgehen wird.

Urkomische „Hanswurste“

Die „Hanswurste“ des Ancien Régime: (v.l.) Pfarrer Bridaine (René Rollin), Dame Pluche (Ingeborg Losch) und der Baron (Stefan Hufschmidt)

Und dann sind da die „Hanswurste“: die „Verzieherinnen“ der Jugend, Dame Pluche (Ingeborg Losch), Meister Blasius (Uwe Kramer), Pfarrer Bridaine (René Rollin) und der Baron (Stefan Hufschmidt): Alle dickbäuchig watschelnd und trunksüchtig, Residuen des längst vergangenen Ancien Régime, wo Liebe noch ein reines Spiel der Staatsräson war – darin freilich urkomisch. Nicht zu vergessen Deniz Ekincis Paraderolle als clownesker Chor, immer einen bissigen Kommentar auf den Lippen und in den starken Armen, die die Flügeltüren zur Erkenntnis aufstoßen. Zu der Erkenntnis, dass es mit der Liebe schlecht bestellt ist. Wohl ob solcher bleibt der Premierenapplaus verhaltener, als es Inszenierung und Darstellung verdient haben.

Fazit: Mit der Liebe soll man tatsächlich nicht spielen, das bringt nur Unglück – oder eine geglückte Inszenierung wie hier. Wie es de Musset in einem Brief an Aimée d’Alton (März 1837) dann doch nicht ganz hoffnungslos schrieb: „Und zuletzt gelangt man [als der Liebe Entsagender] dahin, sich zu sagen: Das Böse ist nichts, denn es gibt ein Glück.“

Kommende Aufführungen: 28.1., Slesvighus Schleswig; 9.2., Stadttheater Heide; 16. und 28.2., Stadttheater Flensburg. Infos und Karten: www.sh-landestheater.de