Jazz Orange mit neuer CD im Kulturforum
Von Jörg Meyer
Kiel. Zu einem Ausflug ans Meer lud das Quartett Jazz Orange am Sonntag ins Kulturforum, um seine neue CD „Meer“ vorzustellen. Auch wenn der Titel sommerliche Assoziationen weckt, ging es zunächst um die winterliche Form von Wasser, nämlich den Schnee, ohne dass sich die Band dabei allzu „cool“ gab.
Der Gegensatz von warm und kalt – „hot versus cool“ – ist im Modern Jazz eine der wesentlichen Antriebskräfte, so auch bei Jazz Orange. Im Eröffnungsstück imaginiert das Quartett in einem „ruhigen, aber kräftigen Rock-Stück, die Klassenfahrt einer britischen Rock-Band ins winterliche Sauerland“, wie Peter Goden, Saxofonist und Komponist dieses wie aller Stücke von Jazz Orange, „Pink Floyd im Schnee“ augenzwinkernd anmoderiert. In der Tat beginnt es winterlich verschneit, taut aber hörbar auf, wenn Goden sein Altsaxofon in mittelgebirgige Höhen schraubt und Stephan Scheja am Piano alpine Gipfel erstürmt.

Jazz Orange: (v.l.) Georg von Kügelgen, Christian Wolff, Peter Goden, Stephan Scheja (Foto: Jazz Orange)
Wem das zu viel Winter ist, den lassen Jazz Orange „an den Sommerurlaub denken, um den Februar zu überleben“: „AdSud ud Fezül“ titelt im Akronym solcher Träume von wärmeren Wassern das Stück und vertreibt die grauen Wintertage mit einer geschwinden Samba, angetrieben besonders von Georg von Kügelgens karibisiertem Schlagwerk. Solch herzhafter Latin-Rhythmus schwappt auch noch ins ruhiger fließende „The Unknown Brother“ herüber, in dem Goden vom Saxofon zur Flöte wechselt, deren in Moll gehaltenes Thema zwar immer wieder dem Ansturm der Samba weichen muss, aber doch den balladesken Grundton bewahrt. Obwohl, von Ballade mag Peter Goden eigentlich nicht sprechen, ebensowenig beim folgenden „The Old Market“, einer Hommage an Barlachs Geistkämpfer auf dem Kieler Alten Markt. Um den „Kampf zwischen Gut und Böse“ gehe es in dem Stück, das nicht nur mit solchem Gegensatz spielt, sondern auch mit An- versus Entspannung, Verdunkelung und Aufheiterung. „War heute mehr böse als gut“, lächelt Stephan Scheja am Ende und leitet über zur „Nachtschicht“. Auch hier kämpfen Gegensätze miteinander. Oder ergänzen sich einträchtig, zumal sich Christian Wolffs E-Bass, sonst eher ein ebenso unauffälliges wie sicheres Fundament, zu einem mit Szenenapplaus beklatschten Solo aus der Deckung wagt.
Im zweiten Set geht es mit „Strandcafé im Schnee“ nochmals in winterlich stille Gefilde, kontrastiert vom hitzigen Jazz-Krimi „Josepheo McKibbon’s Irritating Abilities“, dem energetischsten Stück des Abends. Wer darin der Mörder ist, bleibt offen. Auf jeden Fall hat er so magische Fähigkeiten wie Bassist Wolff in „Der mit dem Bass tanzt“ und Drummer von Kügelgen in seinem ausgedehnten Solo im abschließenden „PG 11/03“ und dem komplexen Beat im nach reichlich Applaus zugegebenen „ZZ Orange“.
Infos zur neuen CD und Hörproben: www.zaubertroete.de/JAZZ%20orange.html
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