„Licht in der finnischen Gegenwartskunst“ – die Kieler Stadtgalerie zeigt Arbeiten von acht Künstlerinnen und Künstlern aus Finnland

Von Hannes Hansen

Kiel. Als Jubiläumsgeschenk richtet die Kieler Stadtgalerie, die schon des öfteren Arbeiten finnischer Künstler präsentiert hat, dem Land, das vor einhundert Jahren seine Unabhängigkeit von Russland erlangte, die Ausstellung „Zwischen Licht und Dunkelheit – Licht in der finnischen Gegenwartskunst“ ein. Ihre Kuratorin Ritva Röminger-Czako spricht von der besonderen Beziehung, die alle Finnen zum Licht hätten, von der Freude, mit der der Sommer nach langen dunklen Winternächten begrüßt würde, und sieht auch bei den Künstlern des Landes eine ganz besondere Beziehung zu dem Thema.

Sami Parkkinen, „Memory“

Die acht Künstlerinnen und Künstler, die Ritva Röminger-Czako zur Teilnahme an der Kieler Ausstellung eingeladen hat, vertreten mit Malerei, Grafik, Foto- und Videoarbeiten ganz unterschiedliche Positionen und Herangehensweisen. So zeigt  Sami Parkkinen Fotos von menschlichen Köpfen, die aus Schlipsen, aus Pappstücken oder Fichtennadeln zusammengesetzt sind. Sie scheinen mit ihrer Farbigkeit aus dem schwarzen Hintergrund, vor dem sie schweben, herauszuspringen und ein Eigenleben zu führen.

Auf eine zehn Meter lange Wand der Stadtgalerie montiert Anne Tompuri „Seelenlandschaften“, ein Polyptichon von sieben großformatigen Schwarz-Weiß-Bildern, die reale Natur in abstrakte, vom Gegensatz von Licht und Dunkelheit lebende Kompositionen verwandeln. Mit Dripping-Techniken und furiosen Pinselschwüngen ist ihre gestische Malerei Ausdruck seelischer Befindlichkeiten von großer Eindrücklichkeit.

Jukka Rusanen, „Intruder“ (Foto: Jussi Tiainen)

Auf andere Weise gestisch sind die farbenfrohen, manchmal fast bunten Bilder Jukka Rusanens, der Details von Gemälden Rembrandts, Rubens’ oder von Rokoko-Künstlern in Malerei umsetzt. Wer will, mag in dem manchmal dicken, fast skulpturalen Farbauftrag eine ferne Reminiszenz an den pastosen, mit dem Spachtel gestrichenen Malstil des späten Rembrandt erkennen.

Den Traum vom Licht träumen auch Heli Hiltunens stark verfremdeten Fotos von Sonnenaufgängen und die eines leeren Wohnpalasts, den Marja Pirilä in eine Camera obscura verwandelt hat und in den die Natur geradezu flutet. Bei beiden vermeint man einen späten Nachhall der Rolle des

Heli Hiltunen, „Summernight studies 3“
(Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2017)

Lichts in der Kunst des Mittelalters zu verspüren. Dessen mystische, überirdische Qualitäten als splendor veritatis, als „Glanz der Wahrheit“ – man denke nur an die farbigen Fenster der gotischen Kathedralen, durch die ein überirdisches Licht zu fallen scheint –sind hier ins gleichwohl magische Diesseits verwandelt.

Jorma Puranen, „Forest in Rain“

Halbabstrakte Naturfotos und solche von weit über ein Jahrhundert alten Glasnegativen, Aufnahmen einer ethnologischen Expedition ins damals noch ferne Lappland zeigt JormaPuranen. Ins Riesenhafte vergrößert, gewinnen die Bilder trotz der dadurch deutlich sichtbar werdenden Schrammen und Unschärfen, trotz verblassender Farben eine Lebendigkeit, die sie aus ihrem musealen Schlummerdasein reißt und ihre Fremdheit zur Zeitgenossenschaft werden lässt.

Charles Sandison, „Good Evil“ (Foto: Bressot Carton)

Die Videoinstallation des gebürtigen Schotten Charles Sandison spielt mit den Wörtern „Good“ und „Evil“. Auf allen vier Wänden, auf Decke und Fußboden eines Raums in totaler Dunkelheit kämpfen das wortgewordene Gute und das Böse gegeneinander, ständig in Bewegung und in immer neuen flirrenden Konstellationen. Ein Algorithmus steuert vier miteinander verbundene Computer, diese wiederum den dazugehörigen Beamer.

Veli Granö (Foto: Bressot Carton)

Veli Granö schließlich hat auf die eine Seite einer mächtigen Holztafel ein altes Foto eines Bootes in schwere See montiert, auf die andere Seite wirft ein Projektor den Film eines Billardspiels, dessen Kontrolle bei aller Präzision auch dem Zufall ausgeliefert ist; einem Zufall, der über Sieg und Niederlage entscheidet. Verbunden sind die beiden Seiten durch rhythmisch aufleuchtende kleine Glaszylinder. Vielfältige Deutungen sind möglich, aber in der gegenwärtigen Situation kann man gar nicht anders, als an das Schicksal der Flüchtlingsboote im Mittelmeer zu denken, die wie bei einem Spiel den Gesetzen des Zufalls preisgegeben sind.

Stadtgalerie Kiel: „Zwischen Licht und Dunkelheit – Licht in der finnischen Gegenwartskunst“. Eröffnung: 10.3., 19 Uhr. Dauer: 11.3. – 28.5. Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 10 – 17 Uhr, Do 10 – 19 Uhr, Sa, So 11 – 17 Uhr. Karfreitag geschlossen, Ostersonntag, Ostermontag, 1. Mai, Christi Himmelfahrt 11 – 17 Uhr.