Der „Puppenflüsterer“ Benjamin Tomkins mit „King Kong und die weiße Barbie“ im ausverkauften metro-Kino
Von Jörg Meyer
Kiel. Misslungene Kommunikation ist spätestens seit Loriot ein sprudelnder Quell der Komik, ebenso Thema im Programm „King Kong und die weiße Barbie“ des preisgekrönten „Puppenflüsterers“ Benjamin Tomkins, mit dem er am Sonntag das ausverkaufte metro-Kino zum herzlichen Lachen und auch zum Nachdenken über die Selbstverständlichkeit von Missverständnissen brachte.
„Damit Sie es nicht falsch verstehen, dies ist nur ein ’Aufwärm’, weil mir in der Garderobe langweilig war“, begrüßt er 20 Minuten vor der Show etwas panische, weil vermeintlich zu spät gekommene Zuschauer, die zu ihren Plätzen eilen und die er sogleich in einen Smalltalk verwickelt. „Die da kenn’ ich, die sind immer da. Sie wissen, ab dem dritten Mal sind Sie Stalker.“ Vom Künstler direkt angesprochen zu werden, ist ja für viele Zuschauer eine echte Horrorvision, man versucht sich wegzuducken. Keine Chance, wenn Tomkins insistiert, wie man sein Frühstücksei esse und pelle, hart oder weich – oder womöglich gar keins? Die Kommunikationssituation „Ankommen im Veranstaltungssaal, freien Platz suchen, nochmal aufs Klo …“ ist also schon im Vorfeld so komisch dekonstruiert wie später die Zugaben, die sich nahtlos aus dem Programmparlando mit und ohne Puppen ergeben.
Provoziert produktive Missverständnisse
Auch mit seinen Puppen kommuniziert Bauchredner Tomkins auf das komisch produktive Missverständnis hin. Der lebensgroße und statt grausig gemütliche Gorilla King Kong zum Beispiel, der auf seinem eigentlichen Namen „Ding Dong“ besteht und mit bürgerlichen Barbies nichts am Hut hat, weiß ist er schließlich selbst. Ein ähnlich niedlicher Papiertiger ist der Dinosaurier namens „Dingdong-Saudinger“, der jedem „Gut gebrüllt, Löwe“ den zärtlich ankuschelnden Garaus macht. Die Puppe mit Namen Hase weiß sprichwörtlich von nichts (woher kommt eigentlich das Sprichwort?), entpuppt sich aber bald als hardrockendes „Hell’s Häschen“. Das putziges Muppet gewordene Monster „Alter Sack“ (man könnte auch missverstehen: Alter Ego) hat Magengrimmen ob der verspeisten Kätzchen, „muss gleich kotzen“, aber so sei „die Katze wenigstens endlich aus dem Sack“, kommentiert Tomkins.
Solche Kalauer pflastern auch seinen übrigen beständig hin und quer über die Bühne tigernden Weg. Warum dabei die Arme schlenkern – auch so ein un- bis verständliches Rätsel. Am Klavier feiern Tomkins’ Kalauer dann fröhlichste Urständ’. Über 200 Mini-Vers-Epen hat er zusammen mit seinen vorlauten Töchtern Anna und Antonia ausgebrütet – und nebenbei ein neues Format kreiert.
Vergessen um zu verstehen
Wäre man nur nicht so vergesslich wie die Altherrenpuppe „Horst“. Hat Horst Alzheimer, Amnesie, Arthrose, Aquavit oder welchen anderen Alliterationswahn? Tomkins und wir haben’s vergessen. Denn bevor er vergisst, es zu erzählen: Männer vergessen viel mehr als Frauen, weil sie diese „Nix-Schublade“ im Hirn haben und sich darin so pudelwohl fühlen wie die Puppe „kleines grünes Gehirnmännchen“. Und nicht vergessen! – Missverständnisse enthalten auch immer einen verständigen Kern. Dafür muss Tomkins nicht erst Goethe zitieren, das glaubt man ihm auch so sofort.
Infos und Hör-/Seh-Proben: www.puppenfluesterer.com, Benjamin Tomkins’ YouTube-Kanal
Schreibe einen Kommentar