Im Literaturhaus wurde der Junge Literaturpreis verliehen

Von Jörg Meyer

Kiel. Da wächst etwas im Mund, hinter der Wange. Was ist das? Eine Wunde, ein Geschwür? In Greta Webers Erzählung „Aus ihrer Wange, das Leben“, mit der sie den mit 250 Euro dotierten 1. Preis beim vom Freundeskreis des Literaturhauses erstmals ausgeschriebenen Jungen Literaturpreis gewann, fühlt man sich an Kafkas Gregor Samsa erinnert, der in „Die Verwandlung“ zu einem Käfer mutiert erwacht.

Oder „ekelt sich ein bisschen“ wie in einem Horrorfilmszenario von Zombies oder Aliens. Aber dieser dornige, verstörende Fremdkörper wird im Verlauf der „stringent erzählten“ (Jury-Kommentar) Geschichte zum blühenden Leben. „Surreal, symbolisch“ verfolgt die 18-jährige Autorin das Wachstum einer Rose vom Keim zur Blüte. Was ist Leben?, fragt ihr Text und gibt die „sehr reife“ (Jury) Antwort, dass es aus Schmerzen geboren wird, „aus einem Defekt“ – wie nicht zuletzt die Sprache selbst.

Lasen im Literaturhaus ihre Gewinnertexte: (v.l.) Karina Buozys (3. Preis), Greta Weber (1. Preis) und Pernille Leu (2. Preis). (Foto: Bressot Carton)

Die Wahl aus den 38 Einsendungen von Autorinnen und Autoren zwischen 14 und 20 Jahren fiel der fünf-köpfigen Jury wegen der „durchweg hohen Qualität und Formenvielfalt“ der Texte schwer. Den 2. Preis (150 Euro) sprach sie Pernille Leu zu. In „Ausblicke“ erzählt die 19-Jährige von einer alten Frau, die aus dem Fenster blickend auf Hexen wartet, die sie ins Totenreich zaubern. Über mehrere Generationen, von der Großmutter bis zur Enkelin spannt sich dieses Erwarten, das auch eines auf das sich zyklisch erneuernde Leben ist. Nicht ohne „Weisheit“ sei das erzählt, so die Jury, die bei Karina Buozys’ (17) nur eine Seite kurzem Text „Ohne dich, ohne mich“ (3. Preis, 100 Euro) sogar an Kants aufklärerisches Ideal vom „Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit“ dachte. Ein passender Vergleich, denn die Ich-Erzählerin tritt aus sich heraus, verschiebt die Perspektive geschickt vom Ich zum Du.

Zwei Buchpreise vergab die Jury an die Viertplatzierten, den 15-jährigen Laurin Lenschow für seine die großen Fragen nach Leben, Schuld und Tod stellende Erzählung „Erinnerung“ und an Sofia Westholts (19) „Schwerelos“, eine poetische Studie über das Leben als Tanz.

Die ersten drei Preisträgerinnen lesen ab 29. Mai am Literaturtelefon unter 0431/901-8888 und www.literaturtelefon-online.de.