Die jungen Komödianten feierten Premiere mit Fitzgerald Kusz’ „Burning Love“
Von Jörg Meyer
Kiel. „Andi und Anschi, das passt doch eigentlich ganz gut zusammen“, schnurrt Andi seiner neuen Flamme ins Ohr. „Wollen wir’s hoffen“, gurrt Anschi zurück, um am Ende nach manchen durchaus auch zärtlichen Wirren junger Liebe die kühle Bilanz zu ziehen: „Wir passen nicht zusammen.“
„Es ist eine alte Geschichte …“

„Burning Love“ vor dem Show down: Szene mit Liesa Strehler und Christian Zell. (Fotos: Thomas Eisenkrätzer)
So ist das mit der Liebe seit je her: Am Anfang ist der Himmel voller Geigen – hier sind’s Elvis’ Gitarren –, am Ende zerschlägt die Liebe der harte Techno-Beat der Realität. Wobei, was heißt schon „seit je her“? Regisseur Christoph Munk und seine beiden jungen Komödianten Christian Zell und Liesa Strehler haben sich auf die „Willst du mit mir gehen?“-Zettel geschrieben, Fitzgerald Kusz’ 33 Jahre altes Stück „Burning Love“ vorsichtig in die Gegenwart zu transformieren. Um zu ergründen, „was uns das Stück heute noch sagen kann“, und „wie junge Leute heute ticken“. Wäre gar nicht nötig gewesen, denn sie ticken wie (nicht nur) junge Liebe seit Jahrtausenden – oder oft genug auch ins Scheitern stolpert.
Klar, heutige Youngsters schauen nicht mehr auf die Armbanduhr, wie spät es schon im Liebesspiel geworden ist, sondern aufs Handy-Display. Sie schreiben sich keine Briefe, sondern WhatsApp-Messages und agieren vor anderen medialen Folien als vor drei Jahrzehnten. Dennoch, wie schon Heine dichtete: „Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu …“ Nicht nur das lernen die Figuren und nicht zuletzt die Zuschauer von der dann doch immer gleichen Liebe, die genauso möglich wie unmöglich scheint.
In sieben Szenen vollzieht sich ehemals wie heute (und wohl auch morgen) das ewige Spiel zwischen Nähe und Distanz, sich Kriegen und doch wieder Trennen. Als ganz großes oder auch alltäglich kleines Theater ist es umso dankbarer, weil es so komisch wie letztendlich tragisch ist. Nicht in einem Spannungsfeld der Zeiten bewegen sich also die Figuren, sondern in dem eines immer Gleichen, das gleichwohl individuell ganz neu erlebt wird. „Kenn’ ich“, kopfnickt jede(r) Zuschauer(in).
Coolness trifft auf Romantik
Wie entgeht man da der zustimmenden Langeweile und dem „Preaching to the Converted“? Wie lehrt uns das ewige Thema Liebe dennoch etwas? Den beiden jungen Komödianten gelingt das, indem sie die per se stereotypen Figuren und Situationen mit Persönlichkeit füllen. Liesa Strehler gibt Anschi als moderne junge Frau zwischen Coolness – wissend, wie’s (gewöhnlich) läuft, und ganz deutlich „die Hosen“ beziehungsweise die Motorradjacke an habend – und der (naiven) Hoffnung, dass diese Liebe doch mal ganz außergewöhnlich sein könnte. Christian Zells Andi überzeugt als junger Mann, der zu Liebeswerbezwecken und weil es dem angenommenen Geschlechter- und Rollenklischee entspricht, seinem Vorbild Elvis gemäß auf „dicke Hose“ macht, aber eigentlich ein hilfloser Romantiker ist.
Und so gibt’s innerhalb der sieben Szenen des Stücks drei ganz tolle. Szene 1: Das Paar steht auf einer Autobahnbrücke, musikalisch untermalt von Kraftwerks „Autobahn“, und zählt Autos. Dialogisch passiert da wenig, gestisch umso mehr, als zeigten sich die Liebe und der Zweifel an ihr im eben nicht Sagbaren. Schön, zutreffend, genuin theatralisch! Szene 2, begleitet von schmalzigen Schlagern: Anschi und Andi mimen im „Spiel im Spiel“ ihre Eltern und deren nutzlose, aber als in ihrer Oldschoolness doch lebensweise geahnten Ratschläge. Szene 5: Solo für die „taffe“ Anschi, die sich allein im mond-beschienenen Wald, wo’s „unheimlich leis’“ ist, fürchtet, Geborgenheit im wilden Leben sucht. Musik aus dem Ghetto-Blaster dazu: Schuberts „Notturno, Op. 148“.
Der Liebe Lieder
Apropos Musik, die dramaturgisch gut ausgewählt die Handlung kommentiert und ironisiert: Logisch und zu seiner Rock’n’Roll-Romantik passend, dass Andi im Showdown nach der Trennung von Anschi (Szene 7) zu Ennio Morricones Soundtrack für Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“ die Spielzeug-Pistole zückt …
Denn die Liebe ist ein Spiel zwischen medialen Bildern, die wir uns von ihr machen, unseren Hoffnungen und Befürchtungen in all ihrer Gewohn- und „Geworfenheit“. Das vielleicht kann man lernen von der „Burning Love“ des ebenso zeit- wie archetypischen jungen Liebespaars.
Weitere Aufführungen: 12., 13., 18. und 25.5; 1., 8., 15., 22. und 29.6., jeweils 20 Uhr. Infos und Karten: Tel.: 0431-553401, www.komoedianten.com
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