Eine Glosse zum Kieler Schlossquartier

Von Helmut Schulzeck

(Fotos: Helmut Schulzeck)

Kiel. Das Schlossquartier, eine anspruchsvolle Wohnanlage mit einer „zeitlosen“ Architektur – oder eher ein Immobilienmonster, welches das mittelstädtisch anmutende, z.T. eher kleinteilige Gefüge der innerstädtischen Gebäude vollkommen aus dem Gleichgewicht bringt?

Durchaus hilfreich, die beabsichtigte bauliche Lösung zu erkunden, sind die schönen Fotos bzw. Fotoentwürfe/-montagen, die es auf der Website www.schlossquartier-kiel.de zu bestaunen gibt. Das neue Quartier fügt sich hier formvollendet harmonisch, licht und freundlich in seine althergebrachte Umgebung und wird so zu einem attraktiven, zentralen architektonischen Highlight in der Kieler Innenstadt.

Ein Blick auf die im Bau befindliche, reale Anlage in Korrespondenz zu ihrer Umgebung scheint hingegen einen anderen Befund zutage zu fördern. Das Schlossquartier droht mit seinen im Vergleich zu den benachbarten Gebäuden dominierenden, relativ maßlosen Dimensionen seine Umgebung (nehmen wir einmal den klobigen Bau des Nordlichts davon aus) gerade zu erdrücken.

Das gilt nicht nur für die gegenüberliegenden Häuser an der westlichen Seite des Quartiers, in der Schlossstraße, die jetzt quasi als fast enge Straßenschlucht ein ganz neues optisches Image erhalten wird. Nein, auch das Schloss und das NDR-Gebäude und – wäre nicht ihr Turm – sogar die Nikolaikirche wirken jetzt eher klein, ja fast zu bescheiden. Zynikern würde dazu womöglich das Attribut „mickrig“ einfallen.

Insofern kann man durchaus von einem „Solitär“ sprechen (so auch die oben erwähnte Website), der womöglich eine architektonisch zurückgebliebene, in ihrer Ahnungslosigkeit beinahe bemitleidenswerte Umgebung auf das Heftigste mit seiner brutalen Immobilien-Maximierung konfrontiert. Derweil die Umgebung mit ihren wachsenden Leerständen nicht nur in der Küterstraße, sondern z.B. auch in der Puff-Nachbarschaft der Flämischen Straße wie mit offenen Mündern staunend zuschaut.

Nicht mehr kleckern, sondern klotzen, heißt hier die Devise. Das ist keine „zeitlose Architektur“, wie die werbende Website behauptet, sondern eher in ihrer maßlosen Unbescheidenheit zeittypisch. Die Zeichen der Zeit sind selbst im verschlafenen Kiel angekommen.