Eindrücke vom Auftakt zum 2. Wochenende des Bootshafensommers

Von Jörg Meyer

Kiel. Wenn der Regen fließt, muss es auch das Bier. Die Deutsch-Punk-Rocker Drei Meter Feldweg, die aus der Lüneburger Heide „gekommen sind, um nicht mehr zu verschwinden“, wissen, dass nicht das Wetter das Problem ist: „Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“, wozu vor der Bühne passend gepogot und geprostet wird.

Die zweite der (punk-) rockend und rollenden Bands am Freitagabend auf dem Bootshafen-Ponton, der wiedermal im Regen, wenn nicht nur im fleißig aus der Maschine geblasenen Nebel steht … Kein Problem für das zahlreiche Kieler Publikum, das sowas gewohnt ist. Die Sonne scheint noch schütter über der Kulisse der nebenan abgerissenen Ruine des C&A-Gebäudes, später der Halbmond, als You & Me den Abend eröffnen. Geradeaus rocken sie den Folk und süffige Balladen. Schnell und bedächtig wechseln sich bei ihnen ab wie die strotzenden Bässe und die lyrischen Intros der Fiddle. „Arctic Winter“ setzen die Braunschweiger gegen das bodenständige „Here“ und den „Shooting Star“ und machen auch sonst keine verregneten Gefangenen.

Nicht ganz ernst gemeinte Selbstdiagnose: „Megastar“ – die Punkrocker Drei Meter Feldweg.

Apropos Shooting Stars: Zwischen You & Me’s stellenweise lyrischem Folk-Rock und dem Traum, als Rockstar zu sterben, liegen Drei Meter Feldweg. Die gleichnamigen Heide-Schäfer stellen sich selbst die „Diagnose Megastar“ aus, nicht ohne Avancen an die Toten Hosen. Für den Sommer fehlt ihnen „das Kapital“, „Sole mio in Rio“ scheint allzu weit. So besinnt man sich auf „den Rest, der bleibt, eine letzte Zeile“, und hat als „Wochenendalkoholiker“ schon manche Flasche geleert, bevor sie der Regen verwässerte. Parole heißt auch im regnerischen Kiel: „Sommer. Sonne. Bier“.

Aus Hannover, wo gerade die Leine nicht an selber zu halten ist – Überflutung droht – reisten Ducs in mehr als fünf Stunden Autofahrt über die A7 an die Förde, um dort den „Twentysevens“, jenen zu früh verstorbenen Rockstars, ein Denkmal zu setzen. Das Trio headbangt, wo es kann, Sänger und Bassist haben dazu auch die treffliche Mähne, mal blond, mal brünett, die sie gelenkig bis rockig-wild in den Kieler Regensommer schwingen.

Kamen aus Berlin zum Bootshafen: The Wake Woods.

Gitarrisch haben die Jungs einiges drauf. Nicht minder das Berliner Quartett The Wake Woods. Das übt sich in Rock’n’Roll-Posen: Fünf Gitarren im Ständer am Bühnenrand, quasi jeweils eine für jeden Song, harren ihrer ruppigen Rock-Massage. Die erwachten Spree-Wälder lassen sich zum zweiten Mal seit 2011 an der Förde nicht das Butterbrot vom harten Gitarrenbrett ihres „Whoa“-Rocks nehmen, lassen es jaulen wie einst die Hippies, sliden über die Saiten, was das Zeug hält, und sind mit dem Cover von „Black Betty“ eklektizistisch mitten in den Siebzigern. Da regnete es sommers noch nicht so viel, heißt es. Gerockt wurde aber schon damals genauso.