Helge Timmerberg erzählte im Studio-Kino von seinen etwas anderen Reisen
Von Jörg Meyer
Kiel. „Ich habe das Vorlesen für mich entdeckt“, freut sich Helge Timmerberg bei der Präsentation seines neuen Buchs „Die Straßen der Lebenden – Storys von unterwegs“ im Studio-Kino. Doch bevor er daraus wirklich liest, ist der parlierende Erzählfluss rund um seine diesmal italienischen Reisen nicht zu bremsen.
Auf keinen Geringeren als Sartre und dessen „Die Würfel sind gefallen“ bezieht sich Timmerberg mit seinem Buchtitel, den man durchaus existenzialistisch angehaucht lesen darf. Doch statt wie Sartre über die „Unausweichlichkeit des Schicksals“ auf der „Straße der Toten“ zu philosophieren, flaniert Timmerberg lieber quicklebendig durch die Straßen Roms oder Palermos, was – vermöge psychotroper Substanzen – dem Philosophieren über die Existenz aber durchaus gleichkomme. Timmerberg geht es – buchstäblich – nicht um nüchterne Reiseberichte. Es braucht den Rausch, um einen Ort zu erfahren und zu beschreiben. Und so überlegt der bekennende Kiffer, ob er nicht eine Legalize-Partei gründen solle. Denn das würde die lästigen Beschaffungsprobleme in einer fremden Stadt deutlich vereinfachen und man könne sich auf das Wesentliche, nämlich das Schreiben konzentrieren.
„Die Gassen sind schmal und wir sind breit“, heißt es dann auch augenzwinkernd über einen Spaziergang mit Freund Benedikt durch das nächtliche Rom, dessen „Kopfsteinpflaster von tausend Generationen Dolce Vita“ erzähle, aber eben nur denen, die ihr Bewusstsein entsprechend erweitert und damit den richtigen „Flow“ hätten.
Anders in Palermo, dessen lebendige Straßen und vor allem deren Bars und Cafés der Ich-Erzähler zusammen mit Freundin Lara erkundete und darüber in „Guter Wolf, böser Wolf“ berichtet. Dem Affen – genauer: dem „bösen Wolf“ – gab man hier statt vegetarischen alkoholischen Zucker, was den Verlauf der sizilianischen Vesper allerdings nicht nur positiv beeinflusste. Schon reichlich trunken trennt sich das Paar am Ende des „spontanen Abfeierns des Hier und Jetzt“. Dies allerdings mit solcher Situationskomik, dass man dem Flaneur unbedingt beipflichten möchte, wenn er schmunzelt: „Je mehr die Scheiße am Dampfen ist, desto besser schreibt und vor allem liest sie sich.“
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