Eindrücke vom KEIN KIEL Festival in der Schaubude
Von Jörg Meyer
Kiel. Draußen wirbelt ein Herbststurm die graubunten Blätter, drinnen in der Schaubude sind das Publikum und die Musik ganz in Schwarz. So gehört es sich für das fünfte KEIN KIEL Festival, zu dem die Kieler Post-Rock- und No-Wave-Matadoren No More drei Bands eingeladen haben.
Den Anfang macht AN:IDEA aus Berlin. Ganz in Schwarz gehüllt sind Sound-Bastlerin und Sängerin Klarina Tourette und ihr die Synthie-Soundscapes stoisch begleitender Bassist. „My Heart Is A Killer Pit“ titelt der Opener so tiefschwarz wie die zur Maske geschminkten Augen der Diva, die mit ihrer Stimme, einem tiefer gelegten Alt von dunkler Strahlkraft, magische Momente schafft. Der berühmte große schwarze Vogel flattert durch Endzeitvisionen à la „The Hawk Walks“, wozu sie die Arme als gestutzte Flügel breitet. Denn der Himmel bleibt verschlossen von „Dark Fear“. „I Can’t Escape Myself“, verkündet Klarina, und das ist nicht bloß Grufti-Pose, sondern wirkt eskapistisch authentisch. So darf am Ende ein futuristisches Blues-Sample aus „Blade Runner“ von 1982, der Zeit, in der Post-Rock und No-Wave aus jenem dystopischen Lebensgefühl geboren wurden, nicht fehlen.
Echte Herzensnot treibt auch den Sänger und Multiinstrumentalisten Timo C. Engel um. Für sein Projekt Bleedingblackwood hat er die italienische Cellistin Martina Bertoni, die unter anderem schon Blixa Bargeld begleitete, an seiner Seite. Ihr Cello ist so schwarz wie sein Klang, raunend vervielfacht mit Live-Sampler und Loop-Maschine. Als Gegensatz zu all den elektronischen Effekten greift Engel zur akustischen Gitarre, lässt die Orgel wimmern oder das Akkordeon aufschreien. Über allem sein sehnender, geradezu opernhafter Tenor, „haunted by you, since I met you“, wie es in einem der tiefschwarzen Liebeslieder heißt.
Nicht ganz so düster singt das Bielefelder Duo Rosi auf seinem aktuellen Album „Grey City Life“. Das Schwarz hellt sich ebenso auf zu schillernden Facetten von Grau, wenn die Gastgeber Tina Sanudakura und Andy Schwarz, aka No More, die Zeit stehen lassen in dieser längsten Herbstnacht. Die „geschenkte Stunde“ füllen in der After-Show-Party DJ Timo und die aus dem ehemaligen Subway bekannte DJane Betty.
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