Das Gewerkschaftshaus zeigt Fotos des Kielers Peter Reibisch zum Thema „Mauern“
Von Hannes Hansen
Kiel. Mauern, solche zwischen Menschen, zwischen Nationen und Völkern, sind das Thema des Kieler Fotografen Peter Reibisch, dessen Bilder das Gewerkschaftshaus in der Legienstraße in einer kleinen Ausstellung zeigt. Mit ihnen will er nach eigener Aussage das oft Unsichtbare, das Verdrängte, Geleugnete sichtbar machen, zur eigenen Auseinandersetzung des Betrachters mit ihm anregen.
Zu seiner Sichtbarmachung bedient er sich unterschiedlicher stilistischer Mittel. Das einfachste ist der Scan eines Zeitungsfotos, auf dem eine junge Frau vor einem Soldaten kniet. Das Bild spricht für sich selbst und bedarf keiner Erläuterung.
Anders ist es mit dem Foto eines Plakats, auf dem der 1944 im KZ Neuengamme ermordete Boxer und deutsche Meister im Halbschwergewicht Johann Wilhelm „Rukeli“ Trollmann, ein Sinto, zu sehen ist. Das beschädigte, eingerissene und wohl längst vergessene Plakat kontrastiert mit dem Untergrund, auf dem es klebt, einer alten Mauer mit unterschiedlichen, wie ein tachistisches Gemälde wirkenden Putzflächen. Das widersprüchliche Gefühle auslösende Bild lebt vom Gegensatz der scheinbar zeitlosen Ästhetik dieser Mauer und der Vergegenwärtigung des Schicksals eines fast Vergessenen. Die Dynamisierung des Motivs durch genuin fotografische Mittel wie Nahaufnahme, Anschnitt und Farbkontrast machen den Reiz diese Arbeit aus.
Recht plakativ dagegen ein Meeresbild, in das Peter Reibisch zwei U-Boote, ein modernes und ein rostiges aus dem zweiten Weltkrieg hineinkopiert hat. Sie tragen die Motti „Frieden schaffen mit …“ respektive „… ohne Waffen“, und man sagt „Ja ja“ und geht weiter. Die Botschaft kommt allzu simpel und geradezu aufdringlich daher, und so illustriert das Foto eher eine politische Message, als dass es sie in ein Bild umsetzt.
Sehr viel subtiler und beeindruckender ein Foto, das die Situation über das Mittelmeer flüchtender Menschen zeigt. Fast die gesamte Bildfläche nimmt das Fotos einer in friedlichem Blau schimmernden Meeresfläche ein. Ganz unten und geradezu winzig klein hat Peter Reibisch die schattenhaften Figuren einer Reihe von Menschen hineinkopiert, eine eigene Zeichnung nach einem Zeitungsbild. Das Foto geht souverän, ganz unaufdringlich, dafür aber umso nachdrücklicher mit dem Thema Flucht und Vertreibung um, indem es die Schönheit, den Frieden und die Zeitlosigkeit des mare nostrum, des uns allen gehörenden Mittelmeers, gegen die winzigen Schattenfiguren verlorener Menschen in Szene setzt. Man will bei der Betrachtung dieses und ähnlicher Bilder an Strandurlaub, unbeschwerte Stunden und Naturseligkeit denken und kann es nicht.
Gewerkschaftshaus in der Legienstraße, „Mauern“ – Fotos von Peter Reibisch. Bis 23.11., Mo – Fr 8 -18 Uhr.
12. November 2017 um 22:10
Feiner Artikel, auch mit kritischem Unterton an einigen Stellen?