Die Ausstellung „Nolde und die Brücke“ in der Kunsthalle zu Kiel

Von Hannes Hansen

Max Pechstein, „Flußlandschaft“, 1907, (Foto: Museum Folkwang, Essen)

Kiel. Nur etwa zwanzig Monate, vom Februar 1906 bis zum November 1907, war Emil Nolde Mitglied der Künstlergemeinschaft Die Brücke. Doch die Zusammenarbeit mit den fünfzehn Jahre jüngeren Kollegen erwies sich als außerordentlich fruchtbar, wie die Ausstellung „Nolde und die Brücke“ in der Kieler Kunsthalle, die bereits in anderer Zusammenstellung im Leipziger Museum der Bildenden Künste zu sehen war, zeigt. Sie vermittelt mit etwa vierzig Gemälden und einhundert Aquarellen, Zeichnungen und Druckgraphiken – mehrheitlich Holzschnitten –, dazu mit Archivmaterial wie Briefen, Signets oder Plakatentwürfen, einen Eindruck dieser Zusammenarbeit, wie er, da sind sich Kuratorin Annette Weisner und Kunsthallenchefin Anette Hüsch sicher, in diesem Umfang bisher nicht zu sehen war. Gezeigt werden neben Werken aus dem Eigenbesitz der Kunsthalle Leihgaben des Brücke-Museums Berlin, der Nolde Stiftung Seebüll und privater Sammler. Zuwendungen der Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der schleswig-holsteinischen Kulturstiftung und der Kieler Bartels-Langness-Gruppe machten die Ausstellung möglich.

Anfang und Ende einer Zusammenarbeit

Emil Nolde, „Segler“, Kaltnadel
(Foto: Fotowerkstatt Elke Walford, Dirk Dunkelberg)

Im Januar 1906 sieht Karl Schmidt-Rottluff Gemälde und Druckgraphiken Emil Noldes in der Dresdner Galerie Arnold. Er ist von den Farbräuschen der Gemälde begeistert, und so bittet er wenige Tage später den fünfzehn Jahre älteren Maler, in die Künstlergemeinschaft Die Brücke einzutreten, die er im Sommer 1905 zusammen mit seinen Kommilitonen, den Architekturstudenten Fritz Bleyl, Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner, gegründet hatte. Nolde willigt ein, ähnliche künstlerische Ziele und die in Aussicht gestellten Ausstellungsmöglichkeiten waren die Triebfedern dieses Entschlusses. Doch schon im November später (1907) verlässt er die Brücke wieder, bleibt ihr aber freundschaftlich verbunden. Der Wunsch, eigene Wege zu gehen und sich dem vermuteten Gruppenzwang des sich erst jetzt herausbildenden typischen Gemeinschaftsstil der Brücke-Maler zu entziehen, waren seine Beweggründe. Auch Eifersucht – es geht um Noldes Frau Ada und den in sie verliebten Karl Schmidt-Rottluff – mag eine Rolle gespielt haben, vermutet Annette Weisner, die Kuratorin der Ausstellung „Nolde und die Brücke“ in der Kieler Kunsthalle.

Gemeinsamkeiten und Gegensätze

Etwa ein Drittel der in der Ausstellung gezeigten Bilder sind Werke Emil Noldes, zwei Drittel Arbeiten der Brücke-Gründungsmitglieder und des kurz darauf zu ihnen gestoßenen Max Pechstein. Deutlich wird etwa, dass sich Nolde von den experimentellen Holzschnitten der Jüngeren zur eigenen Auseinandersetzung mit dieser Technik inspirieren ließ und dass er andererseits ihnen die feineren Verfahren der Radierung nahebrachte.

Emil Nolde, „Der Maler Schmidt-Rottluff“, 1906, (Foto: Fotowerkstatt Elke Walford, Dirk Dunkelberg)

Bei aller Ähnlichkeit der Ziele und mancher Gemeinsamkeiten wie dem Eigengewicht und der Autonomie der Farbe wird bei den Landschaften, Porträts, Gruppenbildern und Stillleben, die den Großteil der Ausstellung ausmachen, aber auch sichtbar, dass Nolde im Vergleich mit den jüngeren Kollegen oft dazu neigte, seine Farben sorgfältig zu vertreiben und zu vermischen, während ein Schmidt-Rottluff sie in Alla-Prima-Technik gleichsam „wild“ mit dem Spachtel auf die Leinwand wirft und hart nebeneinander setzt. Oft freilich sind das minimale Unterschiede, wie ein Vergleich zweier Porträts aus dem Jahre 1906 lehrt, als Nolde und Schmidt-Rottluff einige Wochen gemeinsam auf Emil Noldes Sommersitz auf der damals deutschen Insel Alsen zusammen arbeiten.

Karl Schmidt-Rottluff, Selbstbildnis, 1906, (Foto: Fotowerkstatt Elke Walford, Dirk Dunkelberg)

 

Fritz Bleyl, „Bauernhaus“, 1907 (Foto: Roman März)

Andere Wege gehen Fritz Bleyl mit ansatzweise pointillistischer Technik eines Signac oder Ernst Ludwig Kirchner mit einem Mädchenakt, der seine Herkunft aus dem Jugendstil und der Kenntnis japanischer Holzschnitte nicht verleugnet und geradezu wie die Vorwegnahme der Op-Art der 1960er Jahre anmutet.

Infos und Termine: www.kunsthalle-kiel.de

 

Ernst Ludwig Kirchner, „Mädchenakt auf Sofa“, 1907, (Foto: Roman März)