Eindrücke vom 20. Kieler Blues Festival in der ausverkauften Räucherei

Von Jörg Meyer

Kiel. Schweißperlen stehen auf Hörbie Schmidts Stirn, der Mann hat richtig gearbeitet, wie es sich für den Blues gehört. Nicht anders die internationalen Blues-Acts, die das Kieler Blues Festival neben den Lokalmatadoren, der Hörbie Schmidt Band feat. Lili Czuya, zu seinem 20. Jubiläum in der ausverkauften Räucherei aufbot: die Climax Blues Band aus Großbritannien und aus den Niederlanden Johnny Clark & The Outlaws feat. Dede Priest (USA).

Die Hörbie Schmidt Band freute sich über regen Publikumszuspruch (Pressefoto)

„Die Leute haben gegrölt und mitgesungen, und bei den Soli gab’s Szenenapplaus“, schwärmt Hörbie Schmidt über regen Publikumszuspruch. Seine im letzten Jahr mehrfach preisgekrönte Band hatte das Festival-Jubiläum mit richtig fetten Blues-Brettern eröffnet.

Die Climax Blues Band tut es ihnen gleich. Das Sextett feiert ebenso ein Jubiläum, das 50., und hat seine Europa-Tour extra für das Kieler Festival unterbrochen, für eines von zwei Konzerten in Deutschland. Nicht nur der Schluck Whiskey, den Sänger Graham Dee zu Beginn nimmt, befeuert dabei die Band, die seit ihrer Neugründung 1986 erstmals wieder eine Platte am Start hat. Im ersten Gitarren-Solo werden noch nicht die ganz dicken Bretter gebohrt, sondern man erinnert recht entspannt an den Bluesrock der späten 60er und 70er, der noch mehr den Südstaaten-Roots verbunden war. Aber schon auf dem 1976er Album „Gold Plated“, dem ersten, das die Climax Blues Band auch in die UK-Charts brachte (sie war wie damals viele europäische Blues-Bands in den USA erfolgreicher als in der Heimat), war ein Wandel zu hören. „Chasing Change“ heißt dafür treffend das Schlüsselstück, das die Climax-Erben jetzt noch deutlich funkiger darbieten als seinerzeit.

Die Briten lassen die Entwicklung der Band über ein halbes Jahrhundert Revue passieren, zitieren dabei gelegentlich auch augenzwinkernd die soulige Variante à la „Smooth Operator“. Das Credo für „brandneue“ Stücke wie „Seventeenth Street Canal“ benennt Graham Dee wie folgt: „Egal wie alt du bist, du musst kreativ bleiben!“ Alles andere sei „Bullshit“. Selbst in typisch blues-verschleppte Balladen wie „Last Chance“ schleicht sich somit immer wieder brettharter Funk ein, zuweilen sogar boogie-geschwind tanzbar. Dem folgt das Publikum bereitwillig und teilt Dees abschließenden „Kick In The Head“ mit einem einverstanden gereckten Victory-Zeichen.

Johnny Clark & The Outlaws featureten die US-amerikanische Geigerin, Gitarristin und Sängerin Dede Priest (Pressefoto)

Cooler oder auch „weißer“ lassen Johnny Clark & The Outlaws in klassischer Trio-Besetzung den Blues angehen. Doch schon im zweiten Stück „schwärzt“ er sich im Geigen- und Gitarrenspiel sowie Gesang von Dede Priest. Sie deutet den Blues einleuchtend in Richtung Jazz, getreu dem nur scheinbar tautologischen Titel „What It Is Ain’t What It Ain’t“. In „Wade In The Water“ fließen die Wasser des Blues nicht nur träge den „Old Man River“ hinunter, sondern beschleunigen sich manchesmal zu Strom(gitarren)schnellen.

Dem „good ol’“ Blues werden also auch hier neue Facetten hinzugefügt – aus der Tradition in die Gegenwart weisend. Und vielleicht ist genau das die Stärke von Jubiläen: Dass sie die alten Wege nochmal abschreiten, aber gleichzeitig fette Pflöcke auf dem Pfad in die Zukunft einschlagen.