Rapper Bausa gastierte auf seiner „Dreifarben“-Tour im ausverkauften MAX-Nachttheater
Von Jörg Meyer
Kiel. Schon gewagt, am Weltfrauentag von koksenden „Bitches“ in der Subkultur von Laufhäusern zu berichten. Der Bietigheimer Rapper Bausa macht das auf seinem 2017 erschienenen Album-Debüt „Dreifarbenhaus“ und dem Anfang Februar nachgeschobenen Mixtape „Powerbausa“ allerdings zuweilen so soulig sanft, dass im ausverkauften MAX-Nachttheater vor allem die Frauen bei und mit ihm sind. Und die Rolle des sexistischen Manns hinterfragt wird, indem er „einfach nur“ verliebt ist.
„Roll’ die Gummis vom Bündel, werf’ die Fuffies zum Himmel, so als hätten wir nicht mehr lange zu leben“, erzählt er im Opener „Tropfen“. Da gerät der Underground von Sex and Drugs and Rock’n’Soul plötzlich himmelwärts, einen ganz anderen Overground also. Wenn Bausa nicht nur rappt, sondern mit seiner tiefschwarzen Stimme singt, wird selbst aus Rotlicht Himmelslicht der Sehnsucht. Möge es doch anders sein, als immer wieder nur der Lust und Sucht zu folgen, was sich bald als roter Faden erweist.
Auch politisch. Die Umdeutung vom Rotlicht ins antikapitalistische Morgenrot nimmt man dem bei Warner „gesignten“ Bausa zwar kaum ab. Aber wenn er nach der Ode an eine mythisch Männer fressende „Medusa“ und der Faszination an einer „Stripperin“ in „Unterwegs“ gesteht, er sei in seinem Taxi, crusend von einem Puff und Bar zur anderen ein „Luzifer, 666“, dann weiß man, dass Bausa aus der Mitte des Lebens am unteren Rand berichtet und letztlich an solcher Unvereinbarkeit leidet. „Ich hab’ Geld, und will alles verlieren“, so sein Bekenntnis. Er gibt jedoch in „Bambi“ Mädchen und jungen Frauen zu Bedenken: „Wir sind die größten Asis, vor denen dich deine Mutter warnt.“
Wissen die Angesprochenen um solchen „Double-Bound“? Drei leicht bekleidete „Mädels“ tanzen am Rezensenten vorbei, johlen, kreischen „Ausziehen!“, als „Baui“ für „Belle Etage“ nach Sweat- auch T-Shirt von der gestählten Brust und begnadetem „Sixpack“ schält. Fortan ist er nackt – auch in seinen Songs. Denn jetzt kommen die Balladen, oft in Moll, eingeleitet von selbst gespielten Keyboard-Intros, die von Liebe und Seele eher als von Sex künden. Bausa wirft sein verschwitztes Handtuch ins Publikum. „Weit weg“ weiß er dennoch die Liebe der Fans, denn er ist, ob er will oder nicht, eine Projektionsfigur.
Und dann – ein schöner Moment – sitzt er links auf der Bühne am Keyboard, räsonniert von den Verwirrungen der Liebe, ist ganz Soul, die vierte, fünfte, nicht die „sexte“ seiner Farben. Nur kurz freilich, bald muss wieder, das verlangt die kommerzielle Dramaturgie, härter rangegegangen werden, „ready“ für „Kiel, wollt ihr mehr?“
Und Kiel will mehr! Für den Skit „Pillen im Club“ erklettert Bausa den Lautsprecherturm, springt herunter, damit wir aufspringen, zitiert in „Stoff“ Aldous Huxleys Warnung vor den Opiaten für das Volk, das die Demokratie zur Diktatur macht. Die Mädchen skandieren selbst das textsicher mit, sind beim (vor Zugaben) abschließenden Chart-Hit „Was du Liebe nennst“ ganz und gar d’accord beseelt. Und mir, dem in der Begeisterung Reflektierteren, bleibt in Kopf und Ohr Bausas Hook-Line: „Auch wenn es keine Liebe ist, ich liebe es!“
Info und Hörproben: bausashaus.de.
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